Der Oberste Gerichtshof hat schlechte Nachrichten für Großanleger der Commerzialbank Mattersburg.

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Die Republik Österreich haftet nicht für Schäden, die Anlegerinnen und Anlegern durch die Insolvenz der Commerzialbank Mattersburg entstanden sind. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung bestätigt, über die das Ö1-"Morgenjournal" berichtete. Der Staat haftet bei einem Fehlverhalten der Bankenaufsicht demnach nur für Schäden der Bank. Einzelne Anlegerinnen und Anleger haben keinen Anspruch. Kunden, die mehr als die von der Einlagensicherung gedeckten 100.000 Euro verloren haben, dürften somit leer ausgehen (OGH 14.7.2022, 1 Ob 91/22x).

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte bereits Anfang Jänner entschieden, dass die Republik nicht für Schäden einzelner Kunden haftet. Eine Gesetzesbestimmung, die vorsieht, dass geschädigte Bankkunden keine Amtshaftung gegenüber dem Bund geltend machen können, war aus Sicht der Höchstrichter verfassungskonform. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) sollen die Sicherheit des Finanzmarkts gewährleisten, nicht aber einzelne Anlegerinnen und Anleger schützen, so die Argumentation.

Keine Haftung für Behörden

Das aktuelle Urteil des Obersten Gerichtshof geht allerdings über die Entscheidung des VfGH hinaus. Der Kläger, ein Beratungsunternehmen, das durch die die Bankenpleite 1,3 Millionen Euro verloren hatte, stützte sich vor Gericht zusätzlich auf ein Fehlverhalten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Staatsanwaltschaft Wien. Die Behörden hätten die Meldung eines Whistleblowers im Jahr 2015 nicht ernst genug genommen, keine Ermittlungen eingeleitet und damit den Schaden nicht verhindert.

Aus Sicht der Höchstrichterinnen und Höchstrichter kommt das als Anspruchsgrundlage aber nicht infrage. Die Bestimmungen über die Einleitung eines Strafverfahrens hätten nicht den Zweck, Anleger vor einem möglichen Schaden zu schützen. Ein Schadenersatz scheide daher schon im Vorhinein aus. Ob die Behörden tatsächlich schuldhaft gehandelt haben, musste gar nicht geprüft werden. Das betrifft auch die behaupteten Fehler bei der Auswahl des Bankprüfers. Damit ist das Land Burgenland ebenfalls aus dem Schneider.

Neue Gesetzeslage

Die aktuelle Entscheidung dürfte für zahlreiche weitere Verfahren, die noch anhängig sind, Vorbildwirkung haben. Geklagt hatten mehrere Großanleger der Commerzialbank, darunter der Frequentis-Konzern und Wohnbaugenossenschaften. Im Gespräch mit der APA betonte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, dass die OGH-Entscheidung für den Steuerzahler eine "sehr gute Nachricht" sei, da die 62 Klagen sowie 72 Aufforderungsschreiben ein Risiko von insgesamt 1,2 Milliarden Euro bedeutet hätten.

Während die Republik in der Vergangenheit für Bankenpleiten haftete, gehen Anlegerinnen und Anleger seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2008 somit leer aus. Damals hatte das Parlament vor dem Hintergrund der Finanzkrise die Rechtslage angepasst, damit Steuerzahler nicht im Wege einer Amtshaftung für die wirtschaftlichen Folgen einer Bankinsolvenz aufkommen müssen.

Auch die Masse klagt

Geklagt hat neben Anlegerinnen und Anlegern auch der Masseverwalter der Commerzialbank, der 303 Millionen Euro von der Republik verlangt. Vor dem Landesgericht Wien blieb die Klage zwar ebenfalls erfolglos, von der aktuellen Entscheidung des OGH ist sie aber nicht direkt betroffen. Die Rechtslage ist hier etwas anders, weil der Masseverwalter Ansprüche der Bank geltend macht. Würde er das Verfahren gewinnen, müsste er das Geld zwischen den Gläubigern der Bank aufteilen. Ein Großteil davon würde allerdings an die Einlagensicherung fließen, die kleineren Anlegerinnen und Anlegern ihre Verluste bereits bis zu einem Maximum von 100.000 Euro ausbezahlt hat. Für Großanleger würde also auch in diesem Fall kaum etwas übrig bleiben. (Jakob Pflügl, 9.8.2022)