Oberstaatsanwalt Johann Fuchs am Mittwoch bei der Fortsetzung der Verhandlung am Landesgericht in Innsbruck.

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Ein erstinstanzlich verurteilter Leiter einer Oberstaatsanwaltschaft: Das gibt es wahrlich nicht alle Tage. Aber spätestens seit April 2019 stehen groteske Premieren in der österreichischen Justiz nahezu auf der Tagesordnung. Und so wirkt es nicht einmal mehr besonders außergewöhnlich, dass Johann Fuchs, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, vom Landesgericht Innsbruck zu einer Geldstrafe von 72.000 Euro verurteilt wurde.

Es ist das für Fuchs schmerzvolle vorläufige Ende eines langwierigen Konflikts innerhalb der Justiz. Auf der einen Seite stehen vor allem Fuchs und sein Kompagnon Christian Pilnacek. Beide waren einst Vorgesetzte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA): Fuchs als Chef der OStA Wien, Pilnacek als Sektionschef im Justizministerium. Vor drei Jahren eskalierte ihr Streit mit der WKStA in nie dagewesene Dimensionen, nachdem die Tonbandaufnahme einer internen Besprechung zum Thema Eurofighter nach außen gedrungen war – und zwar so, dass vor allem Pilnacek medial und politisch arg beschädigt wurde.

Zahlreiche Scharmützel

Gleich darauf folgten die Ermittlungen zum Ibiza-Video, bei denen Pilnacek und Fuchs der WKStA nicht viel Handlungsspielraum einräumen wollten.

In den folgenden Monaten fanden zahlreiche Scharmützel statt, deren Ausformungen sowohl Pilnacek als auch Fuchs zumindest vorübergehende Suspendierungen und Anklagen bescherten.

Am Mittwoch ging es wieder einmal um eine besonders unglückliche Episode des Konflikts: Im November 2020 hatte "Die Presse" einen Artikel veröffentlicht, in dem kritisch auf die Arbeit der WKStA geblickt wurde. Deren Mitarbeiterschaft fühlte sich verleumdet und zeigte daraufhin die Autorin des Textes an; die Behörde schloss sich wegen des Delikts der "Beleidigung einer Behörde" an. Die zuständige Staatsanwaltschaft (StA) Wien entschied sich gegen Ermittlungen, daraufhin landete der Vorgang auf dem Schreibtisch von Fuchs in der Oberstaatsanwaltschaft Wien. Fuchs soll daraufhin Pilnacek darüber informiert haben, obwohl der längst nur noch für Legistik, nicht aber für Strafsachen und somit die Arbeit von WKStA und StA Wien zuständig war.

Pilnacek erzählte das daraufhin einer anderen Journalistin, die damals beim "Kurier" tätig war. Als in anderer Sache die Smartphones von Pilnacek und Fuchs sichergestellt wurden, flog dieser Informationsfluss auf. Beide wurden, getrennt voneinander, der Verletzung des Amtsgeheimnisses angeklagt. Pilnacek wurde vom Wiener Straflandesgericht rechtskräftig freigesprochen – weshalb auch Fuchs relativ entspannt in die Verhandlung ging.

Keine Suspendierung

Doch in Innsbruck sollte es anders kommen als gedacht. Nachdem Pilnacek mit Verweis auf sein laufendes Disziplinarverfahren zuerst die Aussage als Zeuge verweigert hatte, zog sich das Gericht zurück – und sprach Fuchs am Mittwochnachmittag schuldig. Und zwar auch im zweiten Anklagepunkt: Fuchs soll nämlich vor dem Ibiza-U-Ausschuss falsch ausgesagt haben.

Fuchs’ Verteidigung kündigte prompt Berufung an, sofortige Auswirkungen hat die erstinstanzliche Verurteilung keine. Wie berichtet, hat Justizministerin Alma Zadić (Grüne) Fuchs ja nach dessen Anklage vorläufig suspendiert, diese Enthebung wurde aber vom zuständigen Obersten Gerichtshof (OGH) wieder aufgehoben.

Das gilt nun, bis das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns darüber hinaus nicht zu laufenden Disziplinarverfahren äußern können", hieß es am Mittwoch aus dem Justizministerium.

Fuchs kann also vorerst als leitender Oberstaatsanwalt weitermachen. Die Optik ist allerdings verheerend, was Fuchs auch bewusst sein dürfte. Fälle der WKStA betreut er schon länger nicht mehr, im Sprengel der OStA Wien sind allerdings auch die StA Wien, die StA Eisenstadt sowie Krems, Korneuburg, Eisenstadt und St. Pölten. Abberufen kann ihn Zadić nicht, es gibt auch keine beschränkte Funktionsperiode. Im Hintergrund dürfte nun allerdings Verhandlungen starten, um Fuchs eine andere Aufgabe schmackhaft zu machen. (Fabian Schmid, 10.8.2022)