Eine Sitzgelegenheit in Wien, die zum – kurzen – Verweilen gedacht ist.

Foto: Regine Hendrich

Abgeschrägte Sitzflächen, Bänke mit Armlehnen in der Mitte, Einzelsitze statt klassischer Parkbank: "Feindliches Design" soll Randgruppen und Jugendliche vertreiben – und ist längst auch in Wien angekommen. Nur: In der Stadt will niemand offen darüber reden.

Aufstehhilfen und dekorative Elemente

Die Wiener Linien verkaufen die Bügel in der Mitte ihrer Sitzbänke als "Aufstehhilfen"; bei den neuen "Sitzsteinen" am Praterstern, auf denen man sich kurz niederlassen, aber definitiv nicht liegen kann, ist von "dekorativen Elementen" die Rede. Wer die internationalen Beispiele kennt, wird diesen Erklärungen allerdings nur wenig Glauben schenken.

Aber warum eigentlich der Eiertanz? Die Stadt Wien tut im sozialen Bereich traditionell weit mehr als andere Millionenstädte. Notschlafstellen für obdachlose Menschen sind ebenso gut ausgebaut wie Betreuungsangebote für alkohol- oder suchtgiftkranke Menschen und die mobile Sozialarbeit.

Wenig glaubwürdige Ausreden

Wenn die Verkehrsbetriebe ihre Sitzgelegenheiten also für alte und gebrechliche Menschen freihalten wollen, wird das in der Bevölkerung auf Verständnis stoßen. Ebenso wie die Einschätzung, dass ein Verkehrsknotenpunkt wie der Praterstern nicht der ideale Schlafplatz für Wohnungslose ist – solange die Stadt Alternativen anbietet und sie auch offen kommuniziert. Dann könnten die Verantwortlichen auch Klartext reden, statt wenig glaubwürdige Ausreden vorzuschieben. (Martin Tschiderer, 15.8.2022)