Claudia steuert ihr Amphibienboot "Tannenwedel" auf den Parkplatz beim Stützpunkt der städtischen Mähcrew an der Alten Donau.

Foto: Christian Fischer

Ginge es allein nach Claudias persönlichem Empfinden, dann wäre ihr eigener Job überflüssig. Im Unterschied zu vielen Badegästen und Sportelnden stört sie sich nämlich nicht an den Unterwasserpflanzen, die in Wiens Alter und und Neuer Donau prächtig gedeihen. Dennoch widmet die Blondine täglich acht Stunden der Beseitigung eben diesen Grüns. Denn sie ist Mitglied der städtischen Mähboot-Crew – und damit einer Gruppe, die zum Sommer in Wien dazugehört wie die Kabane zum Gänsehäufel.

Einen Gutteil ihrer Arbeit erledigt der Trupp ziemlich unbemerkt. Bereits kurz nach 6 Uhr, wenn die Sonne gerade aufgegangen und die Badestrände noch leer sind, wird es am Uferabschnitt gegenüber der Romawiese laut. Hinter einem Container versteckt ist die Mähflotte der Magistratsabteilung 45 geparkt – im Wasser und auf einer schwimmenden Plattform. Claudia und ihre Kollegen – es sind durchwegs Männer – klettern in die Boote und starten die Dieselmotoren.

Das ist der Moment, in dem sie sich bei einer Bevölkerungsgruppe unbeliebt machen: den noch schlafenden Anrainerinnen und Anrainern. "Den Lärm können wir leider nicht verhindern", sagt Claudia. Sie trägt Shorts, Arbeitsjacke und Hut, ihre Haut ist braungebrannt, das Haar zu vielen dünnen Zöpfchen geflochten.

Mit den Amphibienbooten wird die eigentliche Mäharbeit erledigt: Der Rechen an Claudias Boot wiegt 50 Kilo, das Mähwerk rund 250.
Foto: Christian Fischer

Die Mähtruppe belgeitet das Dröhnen den ganzen Tag. Das macht selbst einer geübten Lenkerin wie Claudia ein wenig zu schaffen – und die Fahrt etwas weniger zu dem entspannten Schippern, nach dem es vom Ufer aussehen mag.

Redselige Beobachter am Ufer

Sich mit den Kollegen in den anderen Booten oder Leuten am Ufer zu verständigen ist in dieser Geräuschkulisse schwierig. Dennoch versuchen es Passantinnen und Passanten immer wieder – besonders bei Claudia: "Mich kennt auf der Donauinsel jeder", sagt sie. Das liegt daran, dass sie vor ihrem Wechsel zur Mähgruppe im Jahr 2018 bei der städtischen Inselaufsicht gearbeitet hat. Den Stammgästen ist Claudia seither ein Begriff.

Was sie da mache und wie das Mähen genau funktioniere, wollen die meisten Leute, die sie ansprechen, wissen. Dann erkläre sie das eben: "Die Reaktionen sind durchwegs positiv". Für den Großteil der Badegäste gehöre der Mähtrupp aber mittlerweile zum Inventar, sagt Claudia. Manche seien vielleicht schon etwas zu sehr daran gewöhnt: "Oft fehlt das Distanzgefühl. Ein bisschen mehr Vorsicht und Abstand wären manchmal nicht schlecht."

Aus Sicherheitsgründen wird der Mähdienst zwar bereits um 14 Uhr, vor dem großen Ansturm, beendet und der Arbeitsbereich mit Ölsperren abgeriegelt. Dennoch sei es schon vorgekommen, dass plötzlich ein Taucher neben dem Mähboot hochgekommen sei, sagt Claudia. Eine große Hilfe seien die Signalbojen, mit denen inzwischen viele Taucherinnen und Schwimmer unterwegs seien: "Dadurch kann ich die Leute im Wasser viel leichter wahrnehmen."

Bevor Claudia Mähboot-Fahrerin wurde, sah sie auf der Donauinsel nach dem Rechten: "Mich kennt dort jeder."
Foto: Christian Fischer

Die Mähflotte setzt sich aus insgesamt 25 Booten in vier verschiedenen Typen zusammen. Claudia kann alle steuern, diesmal hat sie die Tannenwedel. Wie es die Tradition will, ist jedes Boot getauft – wobei der Name Aufschluss über den Bootstyp gibt. Die Tannenwedel ist eines von 15 Amphibienbooten, die allesamt nach Wasserpflanzen benannt sind. Die Begleitboote tragen die Namen von Tieren.

Eine schmutzige Arbeit

Claudias Tannenwedel ist sowohl mit panzerähnlichen Raupenbändern als auch mit einem Schiffspropeller ausgestattet. Das Boot kann daher an Land fahren und wie ein herkömmliches Boot im Wasser schwimmen. Wobei herkömmlich in nicht ganz auf die Tannenwedel zutrifft. An ihrer Front ist nämlich ein riesiger, 50 Kilo schwerer Rechen montiert. Er kann gegen ein Mähwerk mit scharfen Messern getauscht werden, das satte 250 Kilo wiegt. Über Joysticks neben ihrem Sitz steuert Claudia diese Geräte.

Die Amphibienboote parken auf einer schwimmenden Plattform, die Begleitboote im Wasser.
Foto: Stefanie Rachbauer

Damit werden jeden Sommer Pflanzen in einer Tiefe von bis zu 2,5 Metern abgeschnitten und aus dem Wasser gefischt. Begleitboote bringen das Schnittgut dann ans Ufer, wo es auf Lastwagen geladen und ins Kompostwerk Lobau transportiert wird.

Beim Umgang mit den sperrigen Gerätschaften dürfe man jedenfalls nicht zimperlich sein, sagt Claudia. "Es ist eine Arbeit, bei der man sich schmutzig macht" – und zwar ab Dienstbeginn. Denn bevor Claudia losfährt, muss sie das Boot kontrollieren. Passt der Ölstand? Ist der Rettungsring an Bord? Und wurde – falls es zu einem Notfall kommt – auch der Feuerlöscher eingepackt?

Geheimnis-Kennerin

Mit kritischen Situationen ist Claudia vertraut. Sie ist ausgebildete Rettungssanitäterin. Als die Stadt vor vier Jahren das Mähen selbst in die Hand nahm und nicht mehr von einer externen Firma erledigen ließ, bewarb sie sich kurzerhand als Lenkerin. In mehrwöchigen Kursen machte Claudia zwei Schiffsführerpatente, dann durfte sie aufs Wasser. Das Bruttomonatsgehalt für den Job beträgt 1.900 bis 2.200 Euro bei 40 Stunden.

Als eine der Dienstältesten kennt sich Claudia auf den Wiener Gewässern mittlerweile bestens aus. Ihr ist etwa genau bekannt, auf welchen Stegen nachts besonders gerne Partys gefeiert werden: So manche Überbleibsel davon sieht sie am frühen Morgen vom Boot aus. Und sie weiß genau, wo am Ufer sich die nächste Toilette befindet – eine Information, die für ihre Kollegen etwas weniger vordringlich ist.

Die wichtigste Regel beim Mähen – im Wasser wie an Land: "Nicht kreuz und quer fahren."
Foto: Christian Fischer

Wo Claudia genau mähen muss, zeigt ihr übrigens ein GPS-System auf einem Monitor an, der vor dem Sitz montiert ist. Jeden Tag ist ein anderer Abschnitt an der Reihe. Wichtigste Regel: "Nicht kreuz und quer fahren, genau wie beim Rasenmähen".

Der Natur ausgesetzt

Ab und an hat Claudia auf ihrem Boot Gesellschaft. Libellen, Frösche und andere Tiere fahren mitunter als blinde Passagiere mit. Diese Momente und die Sonnenaufgänge seien die besonders schönen Seiten ihres Berufs, sagt Claudia.

Die weniger angenehmen Aspekte, die gebe es natürlich auch: Claudia und ihre Kollegen sind bei jedem Wetter draußen. Weil die Saison bereits im März beginnt und erst im Oktober endet, sind durchaus nasse und kalte Arbeitstage dabei. "Und wenn es heiß ist, dann heizt sich das Metall am Boot ordentlich auf. Dann sitzen wir in einer Bratpfanne."

Für Claudia scheint es dennoch der richtige Job zu sein: "Ich bin einfach durch und durch ein Wassermensch." Welchen Aggregatzustand das Wasser habe, das sei ihr offenbar egal: Wenn die Mähsaison und damit Claudias Beschäftigung endet, arbeitet sie zur Überbrückung als Skilehrerin. (30.8.2022, Stefanie Rachbauer)