Vizekanzler Kogler kann sich einen kleinen U-Ausschuss zum Thema Coronahilfen vorstellen. Die Opposition sieht ein Ablenkungsmanöver

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Es wirkt, als hätte die Phase der Aufarbeitung endgültig begonnen: Die ausgezahlten Corona-Hilfen bestimmen derzeit die politische Debatte; seien es Wirtschaftshilfen der Cofag oder Hilfen für Vereine aus dem Fonds für NPO (Non-Profit-Organisation).

Viel Kritik prasselt da auf die türkis-grüne Regierung ein, weil aus Sicht der Opposition zu wenig auf die Treffsicherheit der ausgeschütteten Gelder geachtet wurde.

Ein Dauerbrenner ist etwa der NPO-Fonds, von dem Parteiorganisationen explizit ausgeschlossen waren. Wie berichtet hatte der oberösterreichische Seniorenbund, ein Teil der ÖVP, dennoch Hilfen in Millionenhöhe erhalten – und argumentiert, er sei ja auch ein Verein, der unabhängig von der Parteiarbeit existiere. Dazu läuft derzeit eine Prüfung des Ministeriums für Kunst, Kultur, Öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS), dem Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) vorsteht und das den NPO-Fonds über die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (AWS) ausschütten ließ.

Den Neos musste Kogler nun nach einer parlamentarischen Anfrage Antwort stehen, sie fragten im Zusammenhang mit dem NPO-Fonds hunderte parteinahe Vereine ab. Und siehe da: 327 Organisationen, die zumindest aus Sicht der Neos parteinah sind, erhielten Corona-Hilfen.

Der Löwenanteil davon ist dem Umfeld der ÖVP zuzurechnen, etwa Ortsorganisationen des Seniorenbunds. Die schwarzen Vereine erhielten in Summe rund 2,5 Millionen Euro. Etwas weniger als 364.000 Euro flossen ins Umfeld der SPÖ, ein paar Tausend Euro an die FPÖ. Einige der aufgezählten Vereine haben bereits Rückzahlungen vorgenommen oder angekündigt.

War das also alles ein großer, millionenschwerer Fehler des Kogler-Ressorts? Mitnichten, heißt es in der Anfragebeantwortung: "Der Begriff der ‚Vorfeldorganisation‘ einer politischen Partei ist gesetzlich nicht definiert." Kurzum: Nur weil einem Verein auch für den Laien eine bestimmte Parteifarbe anhaftet, heißt das für das Ministerium noch lange nicht, dass er rechtlich vom NPO-Fonds auszuschließen sei.

Die Debatte darüber dürfte aber weitergehen, Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos beklagte, "dass die Altparteien SPÖ, ÖVP, aber auch die FPÖ einfach ungeniert beim NPO-Fonds zugreifen und sich bedienen".

Ein kleiner U-Ausschuss

Nachdem vergangene Woche publik wurde, dass ein Rohbericht des Rechnungshofs die sogenannte Cofag, also die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH, zerpflückt hat, rücken auch Wirtschaftshilfen wieder in den Fokus.

Nun signalisierte auch Kogler seine Unterstützung für eine parlamentarische Aufarbeitung, etwa in einem "kleinen Untersuchungsausschuss". In einem solchen waren bereits Beschaffungsvorgänge zu Beginn der Pandemie untersucht worden – allerdings mit geringem medialem Nachklang, sind Befragungen dort im Unterschied zum richtigen U-Ausschuss nicht medienöffentlich. Ein regulärer U-Ausschuss wäre jedoch nur durch einen Mehrheitsbeschluss möglich, was an der ÖVP scheitert. Die zeigt sich auch gegenüber einem kleinen U-Ausschuss skeptisch. Man solle nun einmal den Endbericht des Rechnungshofs zur Cofag abwarten, sagte U-Ausschuss-Fraktionsführer Andreas Hanger (ÖVP).

Aufarbeitung vor neuen Hilfen

Die Meldungen etwa über das hohe Gehalt des ehemaligen Cofag-Geschäftsführers Bernhard Perner, der auch bei der staatlichen Bankenabbaugesellschaft Abbag tätig ist und bei der Öbag tätig war, sowie über hohe Beraterkosten (21 Millionen Euro) sollen auch koalitionsintern für Empörung und Entsetzen gesorgt haben. Das will Perner nicht auf sich sitzenlassen, er betonte: "Ich habe sehr viel gearbeitet und war erfolgreich." Seine Verträge habe "jeder gekannt".

Mit Blick auf etwaige Wirtschaftshilfen, die bei einer weiteren Steigerung der Energiepreise beschlossen werden könnten, sollten schleunigst Lehren aus den Cofag-Fehlern gezogen werden, heißt es etwa bei den Grünen. Das könnte Koglers Offensive rund um einen kleinen U-Ausschuss miterklären.

Dort sollen zum Beispiel die "Millionen-Ausgaben der Cofag für Gehälter und externe Berater" durchleuchtet werden, forderte die SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner. Hanger sieht hingegen "wieder einmal nur Schlechtmachen und Anpatzen". Die Cofag habe gut gearbeitet, "davon sind wir überzeugt und sind daher auch für volle Transparenz – zum gegebenen Zeitpunkt", so der türkise Abgeordnete. Die FPÖ sieht hingegen ein "Ablenkungsmanöver" und "Tarnen, Tricksen und Täuschen". (fsc, 17.8.2022)