Preise dämpfen ist das Ziel der Regierung. Markteingriffe sind nicht von vornherein zu verpönen.

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Die Inflationskrise in Österreich folgt inzwischen einem gut eingespielten Drehbuch. Monat für Monat meldet die Statistik Austria etwas stärker anziehende Preise, inzwischen steht die Inflation bei 9,3 Prozent. Der wöchentliche Einkauf hat sich binnen eines Jahres um 19,1 Prozent verteuert. Die Opposition nutzt das, um der Regierung angebliche Untätigkeit vorzuwerfen. Die ÖVP und Grüne verteidigen sich. Bei den Bürgern verstärkt sich derweil der Eindruck, dass sich gegen die Teuerung ohnehin nichts machen lasse: Die Kosten steigen überall an, deshalb müssen Unternehmen ihre Preise anheben. Der Staat kann entlasten, aber nicht viel mehr.

Doch die Realität ist komplexer. Es geht längst nicht mehr nur darum, dass Unternehmen ihre Preise anheben, weil Kosten so viel höher sind. Betriebe passen ihr Verhalten an das neue wirtschaftliche Umfeld an. Das heißt vor allem, Entscheidungen auf Basis höherer Inflationserwartungen zu treffen. So kann es rational werden, Waren zurückzuhalten und mit dem Verkauf zu warten, bis die Preise fürs eigene Produkt weiter steigen. Beobachten lässt sich das etwa am Markt für Brennholz. Diese Strategie sorgt dafür, dass Waren knapper werden, was die Preise erst recht steigen lässt.

Marktdominanz

Das Umfeld ist auch ideal für Unternehmen mit Marktdominanz, um ihre Gewinnmargen zu erhöhen – die Deutsche Bundesbank hat das schon vor Monaten festgehalten. Wie sonst lässt sich erklären, dass Amazon in Europa die Preise für sein Kernprodukt Prime massiv, aber von Land zu Land ganz unterschiedlich anhebt? In Deutschland steigt der Preis um 30 Prozent, in Frankreich um 43 Prozent. Dabei ist die Inflation in Deutschland höher als in Frankreich. Prime besteht zu einem guten Teil aus Video-Streaming-Angeboten. Warum hier die Preise so stark steigen sollen, ist sowieso unklar, und die von Amazon via Prime verkauften Produkte haben sich ohnehin auch verteuert.

Was bedeutet das für die Politik? Es wird der Europäischen Zentralbank allein nicht gelingen, die Inflationserwartungen zu ändern. Die Regierung müsste stärker auf Maßnahmen zur Dämpfung der Preise setzen, statt nur Gelder an alle zu verteilen und damit bloß Symptome zu bekämpfen und die Inflation unter Umständen weiter zu erhöhen. Dabei geht es nicht um Staatsdirigismus. Wohl aber könnte das Wettbewerbsrecht gestärkt werden. Mehr Transparenz auf Märkten gehört her, um Konsumenten Preisvergleiche zu erleichtern. Der Preisdeckel bei Strom macht Sinn, weil er die Inflation dämpft. Das Gleiche braucht es bei Gas. Neue Ideen müssen her. Von den Ökonomen bei Wifo und IHS muss mehr kommen, bisher argumentieren sie dogmatisch gegen alle Markteingriffe. (András Szigetvari, 18.8.2022)