Black Thought (links) und Danger Mouse haben zusammen das Hip-Hop-Album "Cheat Codes" veröffentlicht. Das ist gut, aber es wäre besser gegangen.

Foto: Shervin Lainez

Es beginnt, wie es beginnen muss, aber anders. Im Hip-Hop gehört ein Intro genannter Track gewissermaßen zur Etikette. Es stellt am Albumanfang klar, dass das, was nun folgen wird, dope, deep und und weiß der Mother-fucking-Teufel phatt ist. Eine dicke Hose verpflichtet.

Das Album Cheat Codes hat so eine Art Intro, doch es erweist sich eher als Vorspiel. Anstatt sich selbst über das king-sized bed zu loben, lassen Danger Mouse und Black Thought ein Sample sprechen. Das Sample ist dem Song Love Without Sex von Gwen McCrae entnommen und entschärft den Vorwurf, ein Macho-Intro in die Welt gestellt zu haben. Dennoch zeigt es, dass die zu Werke schreitenden Protagonisten die Codes des Fachs kennen, aber eben anders anwenden. Cheat Codes eben — das Produkt eines Gipfeltreffens.

Kein Schaden

Black Thought heißt an Mutters Tisch Tariq Trotter und ist Rapper bei The Roots. Das ist eine fast schon gesellschaftspolitische Institution gewordene Rap-Band aus Philadelphia, deren Schlagzeuger Ahmir Khalib Thompson als ?uestlove berühmt ist. Beide sind medial dauerpräsent in den US of A, zumal sie zusätzlich Mitglieder der Band der Tonight Show von Jimmy Fallon sind, dessen Quote für die Bekanntheit der Roots kein Schaden ist.

Danger Mouse heißt wiederum Brian Burton und ist mit einer Frechheit berühmt geworden. Er hat verbotenerweise das weiße Album der Beatles mit einer A-capella-Version von Jay-Zs Black Album zu The Grey Album gemischt, einem bis heute nicht legal zugänglichen Werk. 2004 war das und beförderte Burton über die Gorillaz in die Oberliga, nachdem ihn Chef-Gorilla Damon Albarn gebeten hatte, Demon Days zu produzieren, ihr Meisterwerk.

Danger Mouse and Black Thought

Seit damals hat er von den Red Hot Chili Peppers über Norah Jones bis zu den Black Keys alles produziert und sich als inspirierter Kollaborateur erwiesen, der mit Mark Linkous, selig, David Lynch, heilig, genauso kann wie mit James Mercer, dem Sänger der Shins. Mit ihm hat er als Broken Bells 2010 ein geheimes Meisterwerk veröffentlicht. Und mit Crazy schuf er zusammen mit Cee-Lo Green als Gnarls Barkley gar einen Welthit.

David Lynch und Norah Jones

Schon damals gab es das Einverständnis von Black Thought, mit Danger Mouse ein gemeinsames Hip-Hop-Album zu machen, schließlich hat Mouse Thought gestanden, dass der sein Lieblingsrapper sei.

Da beide, das sollte mittlerweile klar geworden sein, vielbeschäftigte Figuren sind, hat es gedauert, bis es zu dazu gekommen ist. Corona war dabei behilflich, wiewohl die beiden sagen, man habe nicht remote, sondern ausschließlich gemeinsam im Studio produziert. Auch die Aufgabe war klar, es sollte ein klassisches Hip-Hop-Album werden. Wer vom Glauben ob der Penetranz von Autotune-Gesäusel und rachitischer Laptop-Beats abgefallen ist, keine Sorge, Cheat Codes biegt nicht in diese Gasse.

Zu viel Pop

Der dem Album den Titel verleihende Track erfüllt die Prophezeiung auch gleich. Eine so ökonomische wie drückende Nummer, die wie ein vergessener Klassiker aus der goldenen Ära des Fachs klingt, den 1990ern. Doch schon der folgende Song zeigt: Burton ist bei all seiner Liebe zum Hip-Hop ein Popproduzent. Das hat Damon Albarn damals richtig erkannt, was nach dem Beatles-Mischmasch nicht schwer war.

Danger Mouse and Black Thought

Und Black Thought ist wiederum kein knallender Rapper, der pointierte Ein- und Zweizeiler aus der Hüfte schießt, er ist mehr der Erzähler, einer, der der größeren Form nachhängt, quasi ein Romancier am Mikrofon ist. Mit ihrem Status als Connaisseure lassen sie erlauchte Samples erklingen, lassen es gospeln und sprühen, ohne zu übertreiben.

Black Thoughts Meditationen sind geistreich wie immer, so etwas wie Schmäh, der illustrieren würde, welchen Spaß die beiden bei der Produktion gehabt haben könnten, ist Cheat Codes allerdings nicht anzumerken. Das Album ist souverän, stellenweise funky, etwa das lässige No Gold Teeth.

Red Carpet statt Street

Doch das ist eines der wenigen Stücke, die nicht klingen, als wären sie im Smoking aufgenommen. Immer wieder bemüht Burton eine Ästhetik, die in vielen Zusammenarbeiten gut gepasst hat, Hip-Hop aber in Richtung Pop erodiert. Das ist zwar ein toller Pop, ein Bastard, wie ihn schon De La Soul in den Nachwehen ihrer Zusammenarbeit mit den Gorillaz produziert haben.

Doch für ein klassisches Hip-Hop-Album reicht das nicht. Ihr Skateboard haben die beiden länger nicht gefahren, es hängt nur noch als Erinnerung an der Wand. Zwischen Goldenen Schallplatten, Grammys und Fotos mit Prominenz am Red Carpet. Auch eine Form der Straßenkultur, aber leider nicht so lässig. (Karl Fluch, 26.8.2022)