Derzeit ist in Österreich keine Einrichtung oder Behörde für Versorgungssicherheit mit Erdgas zuständig. Das soll sich nun ändern.

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Der Gaspreis kennt nur eine Richtung, nämlich nach oben, und dominiert so die Politik. Das überlagert so ziemlich alles. Auch die von der Regierung eingesetzte Arbeitsgruppe, die sich über die Sicherung der Gasversorgung in Österreich den Kopf zerbrechen soll. Angesiedelt wurde diese Arbeitsgruppe Versorgungssicherheit bei der Staatsholding Öbag, die über Anteile an OMV (31,5 Prozent) und Verbund verfügt und damit die Eigentümerinteressen der Republik Österreich vertritt.

Zukunftsweisende Vorschläge für die Gasversorgung der Zukunft kristallisierten sich in dieser Truppe, der der frühere Energieregulator Walter Boltz und Ex-OMV-Vorstand Gerhard Roiss beratend zur Seite stehen, bis dato nicht heraus. Allein der Umstand, dass seit der Liberalisierung des europäischen Gasmarktes vor zwei Jahrzehnten de facto niemand mehr einen gesetzlichen Versorgungsauftrag hat – auch nicht die OMV –, erleichtert die Sache nicht. "Es gibt in Österreich gesetzlich vorgeschriebene Ölreserven für drei Monate, aber keine Vorgaben für den Gasbereich", kritisiert die Energiesprecherin der Neos, Karin Doppelbauer, "das ist unhaltbar und gehört dringend geändert."

Angesichts steigender Preise dreht sich derzeit alles um Gas und Gaspreis.

Anders als die SPÖ, die prompt von einer Vollverstaatlichung der OMV träumte, um dann in und mit dem nationalen Öl- und Gasanbieter fuhrwerken zu können, schlägt die Neos-Mandatarin die Einrichtung einer staatlichen Agentur vor, die mit der Sicherung der nationalen Versorgung betraut werden sollte – nach Vorbild der Beschaffung der strategischen Gasreserve durch AGGM, die sich die Leitungskapazitäten durch die OMV sichern ließ, wofür sie die Republik fürstlich entlohnte.

So weit dürfte die Regierung mit ziemlicher Sicherheit nicht gehen. Ordnungspolitische Eingriffe passen insbesondere bei der ÖVP nicht ins energiepolitische Konzept.

Hinzu kommt, dass Versorger in Österreich bei Gas bereits heute verpflichtet sind, eine Reserve vorzuhalten, allerdings nur in Relation zur Liefermenge an Haushaltskunden. Die tut nicht weh, deshalb gab und gibt es keinen Widerstand der Importeure. Anders bei dem, was der Politik nun vorschwebt. Denn die sogenannten VersorgungsStandards umfassen nicht Gewerbekunden und Industrie.

Dominanz minimieren

Diese Lücke will man nun schließen, schließlich geht es bei einem Ausfall von Gaslieferungen in der Industrie um hunderttausende Arbeitsplätze. Überlegungen, die im Arbeitskreis besprochen und als Textfragmente zwischen Ministerien und einzelnen Akteuren der Gasbranche hin- und hergeschickt werden, sollen letztlich in ein Gesetz münden. Oberstes Ziel: die Dominanz eines einzelnen Lieferanten stark zu minimieren.

Rechtlich vorgeschrieben werden soll künftig, dass Unternehmen, die Kunden in Österreich mit Gas beliefern, nicht mehr als einen bestimmten Prozentsatz davon von einem Lieferanten oder einer Lieferregion beziehen dürfen. Ob das 20 Prozent oder 30 Prozent sein werden, stehe noch nicht fest, skizzierte ein Involvierter das Ziel. Das sei "keine Lex Russia", sondern sollte alle Produzenten umfassen, weil auch Länder wie Aserbaidschan, Algerien und andere keine lupenreinen Demokratien seien und sich die politische Lage rascher ändern könne.

Wie so oft in der Geschichte der Verstaatlichtenholding ist auch Öbag-Chefin Edith Hlawati mit politischen Wünschen konfrontiert.
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Österreich ist, wie berichtet, zu etwa 80 Prozent von russischem Gas abhängig; erst mit der vom Staat georderten strategischen Reserve im Speicher Haidach ab Oktober wird sich diese Abhängigkeit reduzieren. Für Unmut sorgten zuletzt "freihändige Entscheidungen" von Unternehmen, darunter OMV. Mit Verweis auf "höhere Gewalt" wollten sie ihren Lieferverpflichtungen nicht nachzukommen. "So etwas muss man natürlich ausschließen", sagt eine mit der Situation vertraute Person. "Es geht nicht an, dass jemand Monate nach der Invasion Russlands in die Ukraine und reduzierten Gaslieferungen sagt: ‚Das ist höhere Gewalt, ich bekomme viel weniger Gas und kann dir deshalb weniger zum vereinbarten Preis liefern.‘" In der Zwischenzeit habe es ausreichend Gelegenheit gegeben, Gas zuzukaufen, wenn auch teurer.

Das müsse für alle gelten, nicht nur für die OMV, deren Konzession für Nutzung und Verteilung von Erdöl- und Erdgasprodukten auf das Bergbaurecht zurückgeht. "Zu diesen vertraglichen Verpflichtungen muss sich OMV auf Punkt und Beistrich committen." (Luise Ungerboeck, Günther Strobl, 27.8.2022)