Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (die Grünen) hat seine abermalige Kandidatur kundgegeben.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Innsbruck – Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) geht davon aus, dass die nächste Gemeinderatswahl, die 2024 über die Bühne gehen soll, "solche Verschiebungen bei den Kräfteverhältnissen bringt, dass es andere Mehrheiten gibt". Er rechne damit, dass seine Grünen mit SPÖ, Neos und gegebenenfalls auch der Liste "Ali" eine "Mehrheit für zukunftsorientierte Stadtentwicklung" schaffen könnten, sagte Willi im APA-Interview. Scharf schoss er gegen die bürgerlich-freiheitliche Mehrheit.

Dreierkoalition laut Umfragen

Interne Umfragen würden zeigen, dass eine Dreierkoalition aus Grünen, SPÖ und Neos "sehr gut möglich ist". Zustimmungswerte konkret auf die einzelnen Parteien herunterzubrechen vermochte Willi allerdings nicht. Bei der vergangenen Wahl 2018 hätten die genannten Parteien zusammen 39,21 Prozent auf sich vereinigt.

Kein gutes Haar ließ er an der "bürgerlich-freiheitlichen" Allianz, zu der ÖVP, FPÖ, Für Innsbruck (FI) und die Kleinpartei Gerechtes Innsbruck zählen würden. "Viele halten es noch immer für ein Unglück, dass Innsbruck mehrheitlich für einen grünen Bürgermeister gestimmt hat", kommentierte Willi den Umstand, dass die Innsbrucker Stadtpolitik in den vergangenen Jahren vor allem mit Streitereien von sich reden gemacht hat.

Auseinanderklaffen der Zukunftsvisionen

Im Frühjahr 2021 war die Koalition, bestehend aus Grünen, ÖVP, SPÖ und Für Innsbruck (FI), auseinandergebrochen, seither herrscht ein "freies Spiel der Kräfte". Wiederholte Vizebürgermeisterinnenabwahlen gingen dem voraus. Zuletzt wurde unter anderem eine heftige Debatte um die Erstellung eines Doppelbudgets für die Jahre 2022/2023 geführt. Auch darüber hinaus gibt es immer wieder Kontroversen und Reibereien.

"Die Zukunftsvorstellungen für unsere Stadt klaffen weit auseinander", sah der seit 2018 regierende Bürgermeister den Grund für die andauernden Reibereien. Er und die Seinen zielten etwa darauf ab, die Stadt umzubauen und zu einer "zukunftsfitten, menschengerechten statt autozentrierten Stadt" zu machen. "80 bis 85 Prozent aller Wege sollten in Innsbruck ohne Auto bewältigbar sein, so Willis Vision. Und dies sei – wie er betonte – "kein grünes Konzept", sondern eines "moderner Städte auf der Höhe der Zeit". Für die bürgerlich-freiheitliche Allianz habe das Auto hingegen "einen völlig überhöhten Stellenwert".

Keine Mehrheit für Tempo 30

Am Beispiel seiner Forderung nach Tempo 30 in Innsbruck – ausgenommen Durchzugsstraßen – zeige sich, so der grüne Bürgermeister, dass Parteien "anfangen wegzubrechen, sobald sie merken ein Projekt könnte ein Erfolg werden von dem vielleicht der Bürgermeister am meisten positive Rückmeldung bekommt", warf Willi seinen politischen Widersachern vor. Verkehrsberuhigung würde die Stadt "leiser, sicherer und umweltfreundlicher" machen. Außerdem stehe die Bevölkerung mehrheitlich dahinter. Hinter Tempo 30 stand auch – zumindest anfangs – die Liste "Für Innsbruck", bis Stadträtin Christine Oppitz-Plörer (FI) die Arbeitsgruppe Anfang des Monats verließ.

Dass nun – trotz bestehendem Gemeinderatsbeschluss – keine Mehrheit für Tempo 30 in Sicht ist, schien Willi dennoch nicht aus der Fassung zu bringen. Wenn es nach der Wahl 2024 andere Mehrheiten gebe, "dann liegen all diese Themen aufbereitet und mit der Bevölkerung abgestimmt schon am Tisch", hielt der Stadtchef fest.

Klimakrise und Teuerung

Insgesamt schafften 2018 zehn wahlwerbende Parteien den Einzug in den Gemeinderat. Diese Anzahl führe oft zu "Hektik", sagte Willi. Ferner würde zu viel "über einzelne winzige Punkte" diskutiert, ohne dass "Konsens über die großen Herausforderungen der Zukunft" herrsche, kritisierte er. Ganz oben auf der Prioritäten-Liste stehe für ihn aktuell die "Bewältigung der Klimakrise".

Parallel müsse die Politik in Sachen Teuerung "gezielt denen helfen, die sich schwer tun", betonte Willi. Genau deshalb habe er sich auch gegen die im Anti-Teuerungspaket der schwarz-grünen Landesregierung enthaltene Gebührenbremse bei Müll und Kinderbetreuung ausgesprochen. Anstatt als Gemeinde "die nicht erhöhte Gebühr über Jahre mitzuschleppen" würde er eine Auszahlung der vorgesehenen Gelder – es geht um bis zu zehn Millionen Euro – präferieren. Er würde damit eine soziale Staffelung der Kindergartengebühren finanzieren, erklärte Willi. Dies sei treffsicherer, eine Gebührenbremse "nicht durchdacht".

Energiesparen könnte Kosten bis zu 20 Prozent drücken

In puncto steigende Energiekosten werde die Stadt eine Veranstaltungsreihe zum Thema Energiesparen starten. Dies könnte zu einer Kosteneinsparung von zehn bis 20 Prozent führen, war Willi überzeugt. Zudem habe er eine große Analyse in Auftrag gegeben, um aufzuzeigen, welche Anti-Teuerungs-Maßnahmen automatisch greifen und welche man wo und wie beantragen muss. Im Zuge dessen sollten auch "blinde Flecken" identifiziert werden, so Willi.

"Heute ist die Katze endgültig aus dem Sack. Willi will in Innsbruck eine Links-Linke-Stadtkoalition installieren", so Innsbrucks ÖVP-Klubobmann und Stadtparteiobmann Christoph Appler in einer Reaktion auf die Aussagen Willis. Nun sei auch klar, warum die Grün-Fraktion bei jeder Gelegenheit eine rechtskonservative Achse heraufbeschwöre. Statt die Bürger und politischen Kräfte zu einen, spalte Willi diese mit diesem parteipolitischen Manöver. Der nun offenbarte "Grüne Masterplan" lasse auch die Auflösung der Stadtkoalition im Frühjahr 2021 in einem ganz anderen Licht erscheinen. "Anscheinend war das In-die-Luftsprengen der damaligen Stadtkoalition der bewusst gesetzte Startschuss für den geplanten Links-Ruck in Innsbruck", sagte Appler.

Willi hatte 2018 in der Stichwahl mit einem Ergebnis von 52,91 Prozent den Bürgermeistersessel erobert und sich gegen Oppitz-Plörer durchgesetzt. Dass er nun seine abermalige Kandidatur so früh kommuniziere, um parteiinternen Machtkämpfen entgegenzuwirken – mitunter wird gemunkelt, dass die scheidende grüne Soziallandesrätin Gabriele Fischer mit dem Bürgermeisteramt liebäugelt – dementierte er. "Die Grünen sind basisdemokratisch orientiert", kommentiere Willi die Gerüchte. Jede und jeder könne antreten und sich "dem innerparteilichen Wettbewerb um die Plätze" stellen. (APA, 27.8.2022)