Esa-Pekka Salonen erweist sich am Pult der Wiener Philharmoniker als idealer Dompteur.

Eine übermenschliche, überschäumende, blendende und maßlose Freude": So beschrieb Olivier Messiaen seine Turangalîla-Symphonie. Drei Jahre hatte er an dem Auftragswerk gearbeitet, das am 2. Dezember 1949 in Boston unter Leonard Bernstein uraufgeführt wurde.

Oft bekommt man das Werk nicht zu hören, was am gigantischen Orchesterapparat liegt: Über hundert Ausführende benötigt der zehnsätzige "Liebesgesang" – so die Übersetzung des Sanskrit-Titels –, darunter zehn Perkussionisten, Klaviaturglockenspiel, Celesta, Vibrafon, Röhrenglocken sowie Klavier und Ondes Martenot, ein elektronisches Musikinstrument, dessen Klang unmittelbare Assoziationen zu Star Trek und "Beam me up, Scotty" weckt.

Im Großen Festspielhaus erklingt der schillernde Paradiesvogel als Attacca subito auf Richard Wagners Vorspiel und Isoldes Liebestod. Beide Komponisten ließen sich vom Tristan-Mythos inspirieren, und in beiden Stücken geht es um orgiastische, kosmische Liebe.

Furiose Klangamssen

Esa-Pekka Salonen erweist sich am Pult der Wiener Philharmoniker als idealer Dompteur der eleganten Ekstase. Maestro und Orchester zelebrieren Messiaens furiose Klangmassen, galoppieren lustvoll in Maßlosigkeit und lassen die Farben funkeln.

Gershwin hört man ebenso heraus wie die stampfende Rhythmik von Strawinskys Sacre du printemps sowie Jazz- und Gamelan-Anspielungen. Neben dem futuristisch fiependen Ondes Martenot, gespielt von der Französin Cécile Lartigau, hat Messiaen dem Piano, das er stellenweise ebenfalls wie ein Schlagwerk einsetzt, eine essenzielle Rolle zugewiesen.

Den enorm schwierigen Klavierpart bezwingt an diesem Abend Yuja Wang, die mit einem winzigen Stück Stoff aus blitzblauen Pailletten und erschreckend hohen Louboutins noch vor Beginn des Konzerts für Rufe der Verzückung sorgt.

Keine Frage, die Chinesin ist technisch unübertroffen und die Turangalîla mit ihren vertrackten Rhythmen, bombastischen Akkordzerlegungen und chromatischen Läufen für sie das perfekte Stück. Ein grandioser Parforceritt! (Miriam Damev, 29.8.2022)