Luxus und Diskretion – Werte, an denen man in Marbella noch heute festhält.

Foto: Marbella Club

Der Jetset-Ort hat sich seit den Sechzigerjahren verändert.

Foto: Marbella Club

Die Blätter der Palmen rascheln im milden Wind, Ringeltauben gurren in den Ästen der Pinien, im Kräutergarten duften Rosmarin und Thymian, und eine Ente watschelt über den gepflegten Rasen in Richtung Teich. Der Marbella Club ist nicht nur eine grüne Oase im trockenen Landstrich der andalusischen Küste.

Die Luxusunterkunft ist Sinnbild für den Mythos, der Marbella seit den 1960er-Jahren zum Sehnsuchtsort macht. Im ehemals verschlafenen Fischerort feierten damals plötzlich Brigitte Bardot, Gina Lollobrigida, Sean Connery, Ava Gardner oder Cary Grant wilde Partys.

Very instagramable: Der Steg am Marbella Club ist öffentlich zugänglich.
Foto: Marbella Club

Schuld daran war Prinz Alfonso von Hohenlohe, einer der Söhne von Max Egon zu Hohenlohe Langenburg und Doña María de la Piedad de Yturbe y Scholtz-Hermensdorff. Er wuchs in Böhmen und Spanien auf und gründete als junger Mann 1945 den Marbella Club, welcher schnell zum Treffpunkt des internationalen Jetsets avancierte.

Legendäre Themenparty

Der Legende zufolge fuhr der Adelige 1946 in seinem Rolls-Royce nach Marbella, um seinen Cousin Ricardo zu besuchen. Am Ziel angekommen, musste die Luxuskarosse gewartet werden, der Prinz verweilte währenddessen in der Finca Santa Margarita direkt am Meer.

Inspiriert von der rohen Schönheit dieses Ortes, beschloss Hohenlohe, sich hier niederzulassen, und kaufte die Finca. Er wollte einen Ort kreieren, an dem sich Superstars, Adelige und andere illustre Persönlichkeiten ganz ungestört und ungezwungen aufhalten können – rauschende Feste inklusive!

Legendär ist zum Beispiel die Themenparty zum Motto "Arabian Nights", bei der Alfonso von Hohenlohe als Scheich verkleidet auf einem Esel einritt. Doch eigentlich hält sich die Community bedeckt, was Geschichten über die wilden Nächte von damals angeht.

Kein Klatsch und Tratsch

Das ist auch heute noch so. Im Gespräch mit "Conde Rudi", wie der Neffe von Alfonso von Hohenlohe von allen genannt wird, ist kein Klatsch und Tratsch über Promis herauszubekommen.

Protz oder Kultur: der Yachthafen von Puerto Banús.

Rudolf Graf von Schönburg arbeitet seit 1956 im Marbella Club, war bis 1983 dessen Direktor. Noch heute ist der 89-Jährige so etwas wie die gute Seele des Resorts, er schaut regelmäßig auf ein Getränk in "Rudis Bar" vorbei.

"Die kamen alle her, weil sie sehen wollten, was Alfonso da geschaffen hatte", erklärt er knapp den rasanten Aufstieg des Marbella Clubs Anfang der Sechziger und ergänzt fast philosophisch: "Wir hofften, dass das daraus wird, was daraus geworden ist."

Alle Stückerln, Diskretion inklusive

Und was ist heute aus dem legendären Treffpunkt des Jetsets geworden? Das Resort umfasst mittlerweile 115 Zimmer, 17 private Villen, fünf Restaurants, zwei Pools mit wahlweise Süß- oder Salzwasser und exklusiven Shoppingmöglichkeiten. Die Nächtigungsraten starten bei 490 Euro. So richtig teuer wird’s, wenn man die "Villa del Mar" bucht. 240.000 Euro muss man für den Mindestaufenthalt von zwei Nächten hinblättern.

Dafür spielt die luxuriöse Unterkunft auch alle Stückerln. Sie bietet Platz für bis zu zwölf Personen, einen eigenen Pool, ein Fitnesscenter mit Whirlpool, Garten und vieles mehr – alles abgeschottet von neugierigen Blicken. Lady Gaga und Lenny Kravitz sind hier schon abgestiegen. So viel darf man verraten. Bezüglich weiterer prominenter Gäste wird geschwiegen. Diskretion ist im Marbella Club noch immer eine Selbstverständlichkeit.

Die Placa de los Naranjos
Foto: Turespaña

Wer also in der Hoffnung hierherkommt, den ein oder anderen Star zu treffen, wird wohl enttäuscht. Stattdessen sieht man vor allem ergraute Herren in Polohemd, Shorts und mit Sonnenbrille. Stets an deren Seite: eine signifikant jüngere Partnerin, mit ärztlich verschönertem Gesicht und Designertasche.

An der Poolbar naschen Jugendliche in Markenkleidung ihre Pommes, ohne den gebannten Blick vom neuesten iPhone abzuwenden. Eine Mutter im schicken Kaftan bringt ihren Nachwuchs in den Kids-Club, aus dem schallendes Gelächter zu hören ist, und am Strand liegt ein fülliger Unternehmer auf der Liege und gibt seinen Mitarbeitern übers Telefon Anweisungen.

Geschichte oder Protz

Wer die Ferienanlage für Reiche einen Moment verlassen möchte, kann sich im Resort ein Fahrrad ausborgen und der Strandpromenade entlang ins östlich gelegene Stadtzentrum Marbellas fahren. Knappe 15 Minuten später hat man den Ortskern erreicht, in dem an jeder Ecke die maurische Vergangenheit Andalusiens in Form der typischen Ornamentkacheln spürbar ist.

Absacker: In Rudis Bar gibt’s allerhand Cocktails.
Foto: Manolo Yllera

Im Gewirr der engen Gässchen findet man schließlich Reste der Stadtmauer, erbaut von den Mauren, die in der Region vom 7. bis 15. Jahrhundert herrschten. Gleich ums Eck bietet sich der Plaza de los Naranjos für einen Zwischenstopp an. Die Einheimischen treffen sich hier auf Tapas und Getränke. Ältere Damen im feinen Zwirn mit toupiertem Haar und rotem Lippenstift diskutieren lautstark, während sie ihre Churros – frittierte Spritzkuchen aus Brandteigmasse – in eine Tasse heißer Schokolade tunken.

Das krasse Gegenteil

Das krasse Gegenteil hierzu findet man knapp zehn Kilometer westlich gelegen in Puerto Banús. In dem Yachthafen ankern luxuriöse Schiffe, von Gucci bis Loewe sind alle großen Luxusmarken mit einem eigenen Shop vertreten, und die Besitzer von Lamborghini und Maserati bezahlen extra Gebühren, um ihre teuren Flitzer an den hippen Lokalen der Hafenpromenade Calle Ribera vorbeikutschieren zu dürfen. Hier geht es ohne Zweifel um Sehen und Gesehenwerden.

Ob Kultur oder Konsum – die Costa del Sol ist eine beliebte Tourismusdestination. Nach einem pandemiebedingten Rückgang schnellen die Zahlen nun wieder nach oben. 2,4 Millionen Hotelnächtigungen wurden laut Tourismusverband der Costa del Sol von Jänner bis März 2022 in der Region verzeichnet.

Das ist ein Plus von mehr als 700 Prozent zum Vergleichszeitraum 2021. Die vielen Gäste werden in mehr als 50.000 Beherbergungsbetrieben untergebracht. 2017 waren es erst 43.000. Es wird also laufend in den Tourismussektor investiert.

Golfpartie mit Michelle Obama

So eröffnete zum Beispiel 2019 das Anantara Villa Padierna neu. Das Fünf-Sterne-Hotel liegt in den Hügeln hinter dem Küstenstreifen. Die Ruhelage, der Ausblick bis zum Felsen von Gibraltar und die Weitläufigkeit des Areals sind ideal für alle, die sich nach einer entspannten Auszeit sehen.

Golf-Fans, die Ruhe suchen, werden im Anantara Villa Padierna fündig. Hier checkte auch schon Michelle Obama ein.
Foto: Anantara

Nachteil: Wer in die Stadt oder an den Strand möchte, ist auf ein Auto angewiesen. Die meisten Gäste kommen aber ohnedies mit anderen Absichten hierher: Golf zu spielen! An das Haus angeschlossen sind nämlich drei Golfplätze. Spa-Bereich, Außenpool und ein Amphitheater sind weitere Features.

Und auch in diesem Hotel gibt es natürlich eine Extraportion Luxus: Private Villas mit eigenem Pool, Terrasse und Butler-Service. Michelle Obama und Jennifer Lopez waren schon hier. Gäste solchen Kalibers schätzen eben Luxus und Diskretion – Werte, an denen man in Marbella noch heute festhält. Auch wenn sich der Jetset-Ort seit den Sechzigerjahren verändert hat. Der Mythos lebt weiter! (Michael Steingruber, RONDO, 7.9.2022)