Sie ist Teil des Problems, sie ist Teil der Lösung. Sie ist Fluch und Segen. Die moderne Technik hat viele Seiten und viele Gesichter. Welche Rolle sie in unserer Gesellschaft spielt, in der das Schlagwort der Digitalisierung so allgegenwärtig und oft schon überstrapaziert ist, ist ein zentrales Thema der Ars Electronica, die von 7. bis 11. September in Linz wieder ihre Tore für Künstler:innen aus aller Welt ebenso wie für Expert:innen aus Wissenschaft, Technik und Wirtschaft und für interessierte Besucher:innen öffnet.

"Holly+" der US-Künstlerin Holly Herndon wurde 2022 mit dem STARTS Preis der Europäischen Kommission ausgezeichnet.
Foto: Andrés Mañón

Machine Learning leicht gemacht

Gemeinsamer Nenner dieser vielen Best-Practice-Beispiele ist, dass der Einsatz von Technologie nie bloß ökonomischen, sondern vor allem gesellschaftlichen Mehrwert zum Ziel hat. Mit Holly+ hat die amerikanische multidisziplinäre Künstlerin Holly Herndon ihren digitalen Zwilling geschaffen, der es den Nutzer:innen ermöglicht, Musik zu machen. Das "Holly+"-Instrument, mit dem STARTS Prize 2022 der Europäischen Union ausgezeichnet, lädt mehrstimmige Audiodaten auf einer Website hoch, wobei die aktuellste Version in Echtzeit funktioniert und so auch für Performances genutzt werden kann. Das Ziel des Projekts: Machine Learning, frei verfügbare Online-Instrumente und -Tools zu verknüpfen, um es Menschen zu ermöglichen schnell selbst kreativ zu werden.

Im Avatar Robot Café DAWN werden die Besucher:innen von Roboter-Kellner:innen bedient.
Foto: MIYOGRAPHY

Robotik-Kellner:innen

Eine andere Anwendung von Technologie können Besucher:innen der heurigen Ars Electronica im Rahmen des Avatar Robot Café DAWN erleben. Dabei können sich User:innen über die Personalagentur Avatar Gild als Kellnerinnen bzw. Kellner bewerben – und Roboter steuern, die die Besucher:innen im Café in Echtzeit bedienen. Das von Ory Yoshifuji (YP) erdachte Experiment möchte zeigen, wie psychisch oder physisch beeinträchtigte Menschen dank Robotik am Arbeits- und Gesellschaftsleben teilhaben können.

Wie abhängig wir von Technik sind und welche Folgen eine Schieflage in dieser Beziehung haben, zeigt "!brute force – Soft Resilience" von Maja Smrekar (SI) und Jonas Jørgensen (DK). Smrekar und ihr Hund bewegen sich dabei durch ein sich permanent veränderndes Labyrinth, während ihre Herzfrequenzen von einem KI-System überwacht werden. Und erst, wenn die Herzen von Mensch und Tier synchron schlagen, ermöglicht die KI eine Begegnung der beiden.

In "!brute_force" werden Mensch und Hund mittels KI synchronisiert.
Foto: Hana Jošić

Mobilität auf dem "Planet B"

Auch im Kontext der Mobilität der Zukunft stellt sich die Frage nach der Rolle von Technologie. Mit dem "Experience Lab Project" macht deshalb Automobilhersteller BMW bei der Ars Electronica mit und stellt die Frage nach der Mobilität auf dem Planeten B. Gemeinsam mit "Supersense", dem Wiener Experimentallabor für sinnliche Wahrnehmung und der Erforschung der Schnittstelle von Analog und Digital, wird im Rahmen eines Workshops ein Erlebnis-Raum geschaffen, in dem sich unterschiedliche Welten treffen und einen offenen Dialog anknüpfen können: Besucher:innen sind eingeladen, sich mit dem österreichischen Soziologen Bernhard Böhm auszutauschen und Visionen der Mobilität von morgen zu entwickeln.