Seit den 1960ern wiegen Männer und Frauen in den USA durchschnittlich elf Kilogramm mehr. Die Flugzeugsitze schrumpfen aber zunehmend.

Foto: iStockphoto

Bei immer angespannteren Kapazitätsgrenzen laden Airlines immer mehr Passagiere ins Flugzeug. Möglich ist das auch dank eines stetig geringer werdenden Platzangebots auf und zwischen den Sitzen. Gleichzeitig nehmen in vielen Ländern die Menschen an Umfang zu. Das macht Fliegen nicht nur unbequemer, sondern wird schön langsam auch zum Sicherheitsthema.

Keine Mindestgröße

In der industrialisierten Welt sind so gut wie alle Dinge normiert. Doch trotz DIN-Größen und anderer Standardgrößen gibt es keine Vorschrift für die Mindestgröße von Flugsitzen, fiel zuletzt auch dem Branchenmagazin "Business Traveller" auf. Stattdessen gilt die weltumspannende Sicherheitsregel, dass ein Flugzeug im Notfall innerhalb von 90 Sekunden zu evakuieren ist. Solange das garantiert ist, dürfen Airlines und Flugzeugbauer über die Maße der Sitze frei bestimmen.

Doch schon seit den 1960er-Jahren legen jene Menschen, die sich das Fliegen leisten können, fast weltweit an Gewicht zu. Seitdem wird eben der reiche Teil der Erde, der viel reist, Jahr für Jahr dicker. Zahlen der US-Gesundheitsbehörde CDC legen nahe, dass Männer wie Frauen zwischen 1960 und 2002 im Durchschnitt fast elf Kilo zugelegt haben. Der Spezialfall USA: 33 von 100 erwachsenen US-Amerikanern gelten als stark übergewichtig. In Österreich sind laut Statistik Austria 3,7 Millionen Menschen über 15 Jahre übergewichtig, rund 17 Prozent von ihnen haben Adipositas.

Normen aus den 1960ern

Während Kleider- und Schuhgrößen mit der Bevölkerung mitgewachsen sind, gilt das nicht für die Sitze an Bord der Flugzeuge. Ihre Größe hat im Durchschnitt sogar abgenommen. Wer über 100 Kilo wiegt, beansprucht in der Economy-Class zwangsläufig Platz über die eng angebrachten Armlehnen hinaus. Der US-Fluggastverband Flyersrights schreibt, dass moderne Sitze für Personen bis zu einer Größe von 1,79 Metern und einem Gewicht unter 82 Kilo ausgelegt sind. Die Normen stammen allerdings aus den 1960er-Jahren.

Im Schnitt sind laut Flyersrights nicht nur die Sitze schmaler geworden, auch ist der Sitzabstand von rund 89 auf 79 Zentimeter verkürzt worden. Eine Rückenlehne ist nur noch etwas über 40 Zentimeter statt 46 Zentimeter breit. Zudem zeigt ein Vergleich auf Seatguru, dass in Europa nicht nur Easyjet, sondern auch British Airways oder Condor Sitzabstände auf unter 74 Zentimeter stutzen. Diese Einsparungen werden schön langsam zum Sicherheitsthema.

Im Notfall wird's eng

Laut Flyersrights verschleppt die US-Luftfahrtbehörde FAA das Thema der Mindestgröße bei Flugsitzen seit Jahren. So habe der Kongress die Behörde bereits 2018 aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen. Es ginge dabei nicht mehr nur um übergewichtige Personen, die ihre Sitznachbarn mit ihren Ausmaßen zwangsläufig belästigen, ohne das zu wollen. Es stellt sich überdies die Frage nach der Sicherheit. Wenn im Schnitt massiger gewordene Menschen im Notfall nicht mehr schnell aus den engen Sitzen und Reihen herauskommen sowie an Bord zum Hindernis werden, dann ist auch die Flugsicherheit gefährdet. (red, 31.8.2022)