Eine Polizistin überwacht das Geschwindigkeitslimit.

Foto: imago images/Michael Gstettenbau

Vor einem Jahr trat das einst heftig diskutierte Raserpaket in Kraft. Es sieht vor, dass Raser – nicht zu verwechseln mit jenen Personen, die lediglich etwas zu schnell fahren – noch härter bestraft werden. Gleichzeitig mit diesem Jahrestag liegen die vorläufigen Zahlen der Verkehrstoten des Sommers vor. 85 Menschen sind im Juli und August im Straßenverkehr ums Leben gekommen – um sechs mehr als im Vorjahr. Von Jänner bis Ende August sind auf Österreichs Straßen 273 Menschen tödlich verunglückt.

Die Schweiz als Vorbild

Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) nutzt den Jahrestag des Raserpakets, um noch härtere Strafen, strengere Grenzwerte und die Einführung eines bundesweiten Verwaltungsstrafregisters im Verkehrsbereich zu fordern. Auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) will die hohen Toleranzgrenzen abzuschaffen und nimmt sich hierfür die Schweiz als Vorbild.

In der Schweiz leben 8,6 Millionen Menschen, in Österreich 8,9 Millionen. Die Unfallzahlen darf man also durchaus miteinander vergleichen. In der Schweiz kamen im gesamten Vorjahr mit 200 Personen weniger Menschen im Straßenverkehr ums Leben als in Österreich im ersten Halbjahr 2022.

Weil diese Zahlen so beeindruckend sind, lässt der VCÖ auch gleich die Forderung nach niedrigeren Tempolimits, wie in der Schweiz, von 80 km/h auf Freilandstraßen und 120 km/h auf Autobahnen folgen. Doch der Verdacht liegt nahe, dass das alles die Unfallzahlen in Österreich nicht halbieren würde.

Das wahre Problem liegt woanders

Da ist zum einen die Tatsache, dass unangepasste Geschwindigkeit – und damit ist noch lange nicht Raserei gemeint – nicht die Hauptunfallursache in Österreich ist. Bei den meisten Unfällen war die Lenkerin oder der Lenker unaufmerksam, respektive abgelenkt, wie der ÖAMTC berichtet.

Zu schnell fahren und beim Lenken telefonieren oder Nachrichten schreiben, das tun in Österreich nicht deswegen so viele Menschen, weil die Strafen dafür zu gering wären. Sie machen es, weil die Wahrscheinlichkeit, dabei erwischt und dann auch noch dafür bestraft zu werden, denkbar gering ist. Vor einem Radarkasten wird abgebremst, danach wieder beschleunigt. Die Exekutive sieht man ja nur selten, was auch dem Personalmangel geschuldet sein könnte. Dabei wären es mehr und strengere Kontrollen (gerne auch nach Schweizer Vorbild), die helfen würden, die Situation zu verbessern. Und jede Section-Control ist besser als ein eh bekannter Radarkasten. (Guido Gluschitsch, 1.9.2022)