Viele wollen nicht mehr in Arbeit untergehen. Es regt sich Widerstand.
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Arbeitgeber kriegen derzeit jede Menge Abrechnungen auf den Tisch geknallt. Solche, die ihnen gar nicht gehören, und solche, die ihnen gehören. Auf allen steht: nein! Es formiert sich immer häufiger und heftiger Widerstand gegen die Arbeitsorganisation und ihre ungeschriebenen Regeln. Und in Social Media entstehen neue Begriffe für die vielen Neins zu einer Arbeitswelt, in der vor der Pandemie Leistung identitätsstiftend war und sogar ein Burnout als Medaille auf dem Schlachtfeld der Workaholics galt.

Im Frühsommer etwa kam "tang ping" aus China als "lying flat", also rumliegen und ein wenig dösen, statt schweißtreibend zu arbeiten, bei uns an. Vor knapp zwei Wochen ist "quiet quitting", die stille Kündigung, auf Tiktok entstanden. Für die einen bedeutet das Arbeitsverweigerung und Dienst nach Vorschrift mit möglichst minimaler Leistung. Für die anderen ist "quiet quitting" bloß Selbstfürsorge in einer Arbeitswelt, die einen auffrisst, auslaugt, kaputt macht. Also: keine "Extrameile", keine Erreichbarkeit nach Dienstschluss, keine Anstrengung, die nicht auch abgegolten wird.

Schwierige Lage

Wie auch immer dieser Trend interpretiert wird, wie heterogen die Motive auch sein mögen: Aktuell bleibt das Ergebnis in Organisationen dasselbe. Immer mehr Arbeit wird auf immer weniger Menschen verteilt – weil Kollegen fehlen, krank sind, selbstfürsorgend Grenzen setzen oder sich durchschwindeln, so gut es geht. Wer ein Team zu führen und zweieinhalb Jahre unter sehr schwierigen Bedingungen durchgehalten hat, sieht als Führungskraft jetzt die nächste "Bombe" auf seinem Tisch. Wer es sich leisten konnte, hat sowieso schon Stunden reduziert oder ist nur in Teilzeit eingestiegen.

In vielen Unternehmen werden solche Rechnungen wohl auch zu Recht hingeknallt – aus Frust, aus Kränkung, aus mangelnder Wertschätzung in der Arbeit entstanden. Aber es geht tiefer: Junge wissen, dass sie durch einen Job nicht den Lebensstandard aufbauen können, den sich die vorangehenden Generationen erwirtschaftet haben – auf Kosten der eigenen Gesundheit, auf Kosten des Klimas. Das wird auch jetzt im Unternehmen abgerechnet. Als Kollateralschaden. (Karin Bauer, 7.9.2022)