Ich bin immer neugierig, wenn der Herr Obrecht ein neues Buch schreibt, es gibt z. B. ein grandioses über seine Großmutter oder eines über Papua-Neu-guinea. Ich bin ja mit ihm in die Mittelschule gegangen, er hat die Matura geschafft, ich nicht. Aus ihm ist ein a.o. Univ.-Prof. Mag. Dr. geworden, aus mir nur ein Kulturmanager. In Sterben, Lieben, Leben ist seine Herangehensweise die, dass sich einerseits der Sensenmann als "Vorsitzender des Amtes für Platzbeschaffung" auf diesem Planeten mit der titelgebenden Semolina, die eine Mischung aus Mensch und Engel ist, in sehr bürokratisch anmutenden Dialogen darüber unterhält, wie schwierig es mittlerweile ist, seiner Aufgabe gerecht zu werden: Die Alten gehen immer öfter zum Arzt, die moderne Medizin betreut sie vollumfänglich, das Corona ist praktisch nichts gegen die Spanische Grippe, usw. Seit die Weltbevölkerung explodiert ist, musste der Tod 1000 neue Mitarbeiter aufnehmen, früher war auch für ihn alles leichter.

Franz Schubert (61) ist Kulturmanager, Café Korb.

Foto: Manfred Rebhandl

Dazwischen erzählt Obrecht Kurzgeschichten mit biografischem Hintergrund: wie er einen Freund besucht, der im Waldviertel dem Tod geweiht ist. Oder in einer anderen Geschichte merkt der Protagonist plötzlich, wie seine Gegenstände, mit denen er wohnt, zu sprechen anfangen: Das Bett beschwert sich, dass es seit Jahren repariert werden müsste. Der Schreibtisch meint, er wäre der wichtigste Gegenstand im Haushalt überhaupt, was der Kugelschreiber anders sieht. Solch skurrile Geschichten sind toll geschrieben, es gefällt mir einfach, er kann ja erzählen, schließlich macht er auch Radio.

Das Sterben ist für mich mittlerweile natürlich auch Thema, ich bin über 60, in dieser Altersklasse habe ich schon viele Schulfreunde und nahe Bekannte verloren. Die Bücher bezahle ich natürlich, ich war ja früher Buchhändler, da weiß ich, wie wichtig es ist, wenn hin und wieder einer hereinkommt und für ein Buch bezahlt. Lesen tu ich dann, wann ich Zeit hab, auch bis tief in die Nacht, wenn mich ein Buch packt. Und der Obrecht packt mich immer.(Manfred Rebhandl, 3.9.2022)