Die Selbstheilungskräfte des Axolotls sind legendär, das medizinische Potenzial dieser Fähigkeiten wird auch am Wiener Institut für Molekulare Pathologie erforscht.
Foto: IMP

Die Superkräfte des mexikanischen Axolotls sind unter den Wirbeltieren einzigartig. Verliert der Schwanzlurch Gliedmaßen, wachsen sie wieder nach. Gibt es Probleme mit einem Organ, werden die betreffenden Bestandteile ersetzt. Eine Rückenmarksverletzung tritt auf? Kein Problem für das Axolotl-Regenerationsprogramm. Sogar Teile des Gehirns können die Tiere aus der Familie der Querzahnmolche innerhalb weniger Wochen wiederherstellen. Kein Wunder, dass Wissenschafterinnen und Mediziner mit großem Interesse auf die außergewöhnliche Spezies blicken.

Ein Team um Elly Tanaka und Katharina Lust vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien hat nun genauer untersucht, wie die erstaunliche Regeneration im Gehirn der Axolotl vor sich geht. Dafür sind spezielle "Ependymzellen" verantwortlich, berichten die Forscherinnen im Fachblatt "Science". Diese Zellen aktivieren einen "Verletzungsmodus", woraufhin verloren gegangene Nervenzellen sowie die nötigen Verbindungen wiederhergestellt werden.

Kartiertes Gehirn

"Wenn das Gehirn eine Verletzung erfährt, aktivieren manche solcher Ependymzellen ein für Verletzungen spezifisches Set an Genen, und schließlich werden die verlorenen Nervenzellen regeneriert", schreibt das Forschungsteam. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich wurde auch das gesamte Vorderhirn der Salamander kartiert. Anhand der jeweils in den Zellen aktiven Gene katalogisierten die Forschenden die verschiedensten Nervenzellen-, Stammzellen- und Vorläuferzellentypen dieser Gehirnregion.

Der Axolotl verbringt sein Leben im Larvenstadium, an die 20 Jahre kann der kleine Schwanzlurch alt werden.
Foto: IMP

Dabei konnten Gruppen von Nervenzellen im Axolotl identifiziert werden, die dem Säugetier-Hippocampus entsprechen, also einer Gehirnregion, die in die Bildung von Erinnerungen involviert ist. "Ein kleines Eck des Gehirns zeigte sogar Ähnlichkeiten zur Großhirnrinde", schreiben Tanaka und Lust. In zukünftigen Studien wollen sie herausfinden, ob die Vernetzung und Funktion dieser Gehirnbereiche in den Salamandern und Säugetieren ähnlich oder unterschiedlich sind.

Bedrohter Schwanzlurch

"Unser Ziel ist es zu verstehen, was Hirnstammzellen nach einer Verletzung tun – welche Gene sie aktivieren, wie sie interagieren und wie sie schließlich Nervenzellen neu bilden, die die verlorenen Verbindungen wiederherstellen", sagte Lust. "Woher 'weiß' jede Zelle, was sie zu tun hat? An diesen Fragen werden wir weiter arbeiten."

Die beispiellose Regenerationsfähigkeit der Axolotl ist die spektakulärste, aber nicht die einzige Besonderheit der Spezies. Wie einige wenige andere Amphibien durchläuft der Schwanzlurch keine Metamorphose, sondern verharrt zeit seines Lebens im Larvenstadium. In seinem ursprünglichen mexikanischen Verbreitungsgebiet ist der Axolotl so gut wie ausgestorbenen, als Haus- und Labortier ist er seit dem 19. Jahrhundert begehrt. (dare, APA, 5.9.2022)