Rock Antenne startet im Dezember in Wien.

Foto: Rock Antenne

Wien – Wie kommt man zur einer UKW-Radiolizenz, zum Beispiel in Wien? Durch ein aufwendiges Bewerbungsverfahren, in dem die unabhängigen Medienbehörde KommAustria Beiträge zu Programm- und Meinungsvielfalt, wirtschaftliche und programmliche Befähigung prüft und man den Zuschlag bekommt. Oder durch Rückzug anderer Bewerber – und vor allem des Lizenzinhabers.

Rock statt Volksmusik

Am Freitag ließ die Antenne Bayern verlauten, ihr Radioformat Rock Antenne werde künftig neben dem Digitalradio DAB in Österreich auch über die UKW-Frequenz 104,6 in Wien ausgestrahlt. Aber die Frequenz ging doch 2020 nach einem üblich aufwendigen Verfahren vor der KommAustria an das Volksmusikradio der Radio Event GmbH mit einem laut Antrag "breit angelegten, volkstümlichen Musikprogramm mit Wiener Akzenten, einem hohen Wort- und Informationsanteil im Tagesprogramm mit Regionalbezug und der Vermittlung von Wiener Kultur und Traditionen" – 40 Prozent Wortanteil waren beantragt.

Zwei Beschwerden

Gegen die Vergabe beschwerten sich einerseits Livetunes/Lounge von Radiomacher Florian Novak, andererseits die bayerische Rock Antenne. Während des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht startete der Volksmusikkanal Anfang 2022 vorerst via Digitalradio.

Hansjörg Kirchmair hatte die freie Frequenz in Wien gefunden. Er betreibt mit Dietmar Heiseler die Senderbetriebs- und BereitstellungsgmbH (Sesta), Österreichs zweitgrößten Senderbetreiber nach der marktbeherrschenden ORF- und Raiffeisen-Tochter ORS. Kirchmair ist beteiligt an Privatsendern vor allem im Westen und in der Volksmusik.

Senderbetreiber Kirchmair einigte sich zuerst über einen Vergleich in einer anderen Sache mit Novak, der bei der Gelegenheit seine Beschwerde gegen die Volksmusiklizenz zurückzog. Und in der Folge hat sich Kirchmair auch mit der Rock Antenne geeinigt.

"Nicht eigenen Geldes Feind"

Ob und wie viel die Bayern für die Lizenz bezahlt haben, will Kirchmair auf STANDARD-Anfrage nicht sagen. Aber man könne sich schon vorstellen, dass es der Rock Antenne etwas wert sein könnte, wenn sie ein oder zwei oder mehr Jahre früher in Wien starten kann.

Ging er davon aus, das Beschwerdeverfahren zu verlieren? Nein, aber vor Gericht und auf hoher See sei man in Gottes Hand, zitiert er ein altes Sprichwort. Und jedenfalls hätte das Verfahren durch die Beschwerde noch Jahre dauern können, wie andere Beispiele zeigten. Als Unternehmer, der "nicht seines eigenen Geldes Feind ist", habe man die "rational richtigen Schlüsse gezogen", erklärt Kirchmair.

Das Bundesverwaltungsgericht habe "in Folge der Zurückziehung des Antrags der Radio Event GmbH" der Beschwerde der Rock Antenne GmbH Folge gegeben und den Lizenzbescheid "insofern abgeändert, dass nunmehr die Rock Antenne GmbH Zulassungsinhaberin zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet Wien 104,6 MHz ist", ist auch auf der Webseite der Medienbehörde/RTR vermerkt.

Am 3. Mai 2022 habe die Radio Event GmbH ihren Antrag auf Zulassung eines Volksmusiksenders zurückgezogen, präzisiert Rechtsanwalt Michael Krüger, der die Rock Antenne auch in dem Verfahren vertritt: "Da meiner Mandantin gewissermaßen beide Verfahrensgegner 'abhanden' gekommen sind und meine Mandantin alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, gab das Bundesverwaltungsgericht unserer Beschwerde Folge und erteilte der Rock Antenne GmbH mit Urteil vom 02. Juni 2022 die Hörfunkzulassung für das Versorgungsgebiet Wien 104,6 MHz." Nachsatz: "Aber auch ohne die Rückzugsmaßnahmen der Mitbewerber meiner Mandantin hätte diese hervorragende Chancen gehabt, im Beschwerdeverfahren letztlich zu obsiegen."

Kritikpunkte im Lizenzverfahren

Die Medienbehörde hatte im Vergabeverfahren moniert, dass die Rock Antenne plane, die Nachrichten vom bestehenden Wiener Radio Arabella zu übernehmen, das auch weitere Serviceelemente zuliefern solle. Bei näherer Betrachtung sei "kein Mehr an Meinungsvielfalt" gegenüber dem Volksmusikradio zu erwarten. Im Unterschied zum geplanten Volksmusikprogramm würde hier "eine Zielgruppe bedient, deren Interessen von im (...) Versorgungsgebiet bestehenden Radioprogrammen bereits weitgehend bedient werden".

Ab Dezember läuft die Rock Antenne in Wien auch auf UKW auf der Frequenz 104,6, kündigt die Antenne Bayern per Aussendung an.

Historische Beschwerde-Deals

Sendestarts dank zurückgezogener Beschwerden standen schon am Anfang des legalen Privatradios in Österreich: 1995 hob der Verfassungsgerichtshof nach Beschwerden Teile des damaligen Radiogesetzes auf. Nur zwei Sender einigten sich mit ihren Beschwerdeführern – etwa im Tausch mit Beteiligungen am Sender oder Sendezeit – und konnten so vor allen anderen starten: Antenne* Steiermark und Radio Melody in Salzburg. (fid, 6.9.2022)