Gerald Grosz ist überzeugt, dass er "vertont", was sich eine Mehrheit der Österreicher denkt. Und sollte er dabei laut sein, so sei dies sein "Alleinstellungsmerkmal".

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Wien – Die leisen Töne lässt der ehemalige FPÖ- und BZÖ-Politiker nach wie vor gekonnt aus. Zwischen Wutrede vor der Hofburg und einer "Zipfel rein, Zipfel raus"-Gesangseinlage am Kirtag hat Gerald Grosz noch genug Luft für ein "lockeres" Interview.

STANDARD: Am rechten Rand ist es auf dem Wahlzettel aktuell ziemlich eng. Wird es da für Sie letztlich nicht schwierig, zu punkten?

Grosz: Der Wahlzettel kennt nur Oben und Unten. Es gibt kein Rechts und Links, sondern Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge. Aber es ist kein Geheimnis, dass ich seit den 90er-Jahren freiheitlich sozialisiert bin und mit Jörg Haider das BZÖ gegründet habe. Von daher trage ich eine gewisse Ideologie in mir, die ich auch nie abgelegt habe.

STANDARD: Aber wir müssen nicht darüber diskutieren, dass sich Ihre Inhalte nur in Nuancen etwa von den FPÖ-Inhalten unterscheiden, oder?

Grosz: Ich suche den Unterschied gar nicht zu den anderen Kandidaten. Ich suche den Unterschied zum Amtsinhaber. Es mag für Sie jetzt eine unbefriedigende Antwort sein, dass ich nicht sage, dass ich im Wettbewerb mit Rosenkranz, Wallentin und Brunner stehe. Es ist ja erstaunlich, dass sechs Kandidaten ein Ziel haben: Kritik am System, Kritik an Alexander Van der Bellen, Kritik an der Regierung. Aber gut, wenn Sie einen Unterschied wollen: Ich habe mich in einem Notariatsakt festgelegt, dass ich die Regierung am Tag meiner Amtseinführung entlasse.

STANDARD: Was ÖVP-Sympathisanten wohl eher auf die Seite Van der Bellens treibt, oder?

Grosz: Die Frage ist: Wie groß ist das ÖVP-Lager, das diese Regierung noch unterstützt? Ich kenne viele eingefleischte Schwarze, die von der Regierung in Wien überhaupt nichts mehr halten. Ich sehe mich durchaus als Angebot an ÖVP-Wähler. Ganz einfach: "Wählst du Gerald Grosz, bist du die Regierung los."

STANDARD: Ihre Reimkunst in Ehren. Aber Mitte-links-Wähler werden Sie wohl nicht ansprechen. Sie fischen mit den drei genannten Kandidaten im ehemaligen Becken von Ex-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer (FPÖ) – das noch dazu gegenüber 2016 kleiner geworden ist. Nochmals: Wird es nicht enorm schwierig?

Grosz: Nein. Das Lager ist immer noch groß, und es wird am 9. Oktober eine große Überraschung geben.

STANDARD: An Ihnen haftet das Image des politischen "Wadlbeißers", manche sehen Sie als "Talkshow- Rambo" eines Boulevardmediums – ist das nicht ein Nachteil, wenn man als seriöser Kandidat für alle Österreicher ins Hofburg-Rennen gehen will?

Grosz: Nein, ich bin der, der ich bin. Und ich bin glaubwürdig und authentisch. Ich werde mich nicht verbiegen. Ich weiß, dass ich schillernd bin. Ich weiß, dass ich bunt bin. Ich weiß auch, dass ich hin und wieder laut werden kann. Was kein Nachteil ist. Ganz im Gegenteil. Ich halte das für ein Alleinstellungsmerkmal.

STANDARD: Ich darf Ihnen ein paar Ihrer Zitate servieren: Corona? Macht ganze Völker zu unkritischen Lemmingen. "Gretl" Thunberg und die "GrünInnen"? Klimaterroristen! Sie waren nie ein Freund der feinen Klinge, Sie bevorzugen den Griff zur politischen Axt. Schon mit Blick auf die Hofburg eine Stiländerung überlegt?

Grosz: Nein. Ich werde mich sicher nicht ändern, ich werde auch meinen Stil nicht ändern. Es ist ja bekannt, dass ich eher kein Florettfechter bin, sondern lieber den Säbel kreuze. Oder auch manchmal zum Bihänder greife. Was aber auch manchmal nötig ist. Ich vertone doch oft nur das, was sich eine Mehrheit der Österreicher denkt.

STANDARD: Sie sind klar gegen die Sanktionen gegen Russland. Warum?

Grosz: Ich habe von Anbeginn an vor Sanktionen gegen Russland gewarnt. Sanktionen bedeuten immer Reaktionen. Es war klar, dass der Gashahn abgedreht wird. Auch ich habe Emotionen und empfinde Mitleid für die Opfer. Aber meine Solidarität und mein Mitleid gehen nicht so weit, dass ich mich selbst umbringe. Wir betreiben einen wirtschaftlichen Selbstmord. Wir haben mit den Sanktionen den Aggressor nicht zum Umdenken bewegt. Vernichten aber unseren Wohlstand.

STANDARD: Wenn ich Ihren Wahlspruch "Make Austria Grosz Again" lese, muss ich immer daran denken, dass Ihr Spitzname "Mini" ist. Wie ist es dazu gekommen?

Grosz: Es war eine liebevolle Boshaftigkeit meines ehemaligen Chefs Herbert Haupt. Eine damalige Mitarbeiterin war eine durchaus imposante Erscheinung. Ich habe mich bei ihr vorgestellt, und sie hat geantwortet "Sie sind nicht Grosz, sondern Mini". Und Herbert Haupt hat das gefallen. (Markus Rohrhofer, 8.9.2022)