Die OMV belangt ihren Ex-Vorstandsvorsitzenden Rainer Seele nach einer internen Prüfung nicht.

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Entwarnung gab es am Mittwoch für den früheren OMV-Chef Rainer Seele durch den Aufsichtsrat des teilstaatlichen Energiekonzerns. Der kam im Rahmen einer zweitägigen Strategieklausur in Langenlois in der Wachau zu einer Sitzung zusammen, bei der ihm die Ergebnisse einer internen Untersuchung zweier Anwaltskanzleien zu umstrittenen Entscheidungen Seeles berichtet wurden. Der Aufsichtsrat folgte dann dem Rat der Juristen: Seele habe keine verfolgenswerten Pflichtverletzungen begangen und werde nicht auf Schadenersatz geklagt. Der Aufsichtsrat unter Führung von Mark Garrett hat diesen Beschluss mit großer Mehrheit gefasst, wie zu hören ist.

In der Angelegenheit ging es wie berichtet um die vieldiskutierte vorzeitige Verlängerung der Gaslieferverträge mit Gazprom 2018 (laufen bis zum Jahr 2040), das OMV-Sponsoring für Wladimir Putins Lieblingsfußballklub Zenit St. Petersburg (25 Millionen Euro für fünf Jahre) sowie die in einem Sideletter festgeschriebene hohe Zahlung an einen früheren Compliance-Manager. Entscheidungen, wegen derer die Mehrheit der Aktionäre Seele in der Hauptversammlung im Juni die Entlastung verweigert hatte.

Kein Schaden aus Gazprom-Vertrag

Das Ergebnis der internen Prüfung: Beim Beschluss zur Vertragsverlängerung sei es zu keinem Regelbruch gekommen, auch Schaden sei der OMV keiner entstanden, das habe ein Preisvergleich ergeben. Beim Zenit-Sponsoring ging es unter anderem um die Frage der Gegenleistung, und auch da fanden die Juristen nichts rechtlich Vorwerfbares: Vor Abschluss des jährlich kündbaren Vertrags seien zwei Gutachten einer Sachverständigen eingeholt worden – auch als vom Sponsoring der Kampf- auf die Jugendmannschaft umgestellt wurde.

Demnach sei der Wert der Gegenleistung (Banden- und Trikotwerbung) sogar mehr als fünf Millionen Euro im Jahr gewesen. Wie spätestens aus dem U-Ausschuss von dieser Woche bekannt, hat auch Gazprom in Österreich gesponsert – und zwar die Jugendmannschaft der Wiener Austria, in deren Aufsichtsrat OMV-Vorstandsmitglied Johann Pleininger sitzt. Klarer Regelbruch sei beim Zenit-Sponsoring laut den Juristen keiner vorgelegen.

Regeln gebrochen, trotzdem keine Klage

Umstrittener und schwieriger dürfte die Beurteilung des Sideletter für den Ex-Compliance-Manager gewesen sein. Da habe Seele nämlich sehr wohl Regeln gebrochen, er hätte gemäß Geschäftsordnung des Vorstands den Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats mit der Sache befassen müssen. Dessen damalige Mitglieder sagten in der Untersuchung dem Vernehmen nach aber, sie hätten den Sideletter genehmigt, wären sie gefragt worden.

Dieses Ergebnis wurde offenbar so interpretiert, dass man – würde man bei der Nichtentlastung Seeles bleiben – bei einem etwaigen Gerichtsprozess gegen Seele sehr schlechte Karten hätte. Der Anwalt des Ex-OMV-Chefs, Stefan Prochaska, hat in Ö1 ja schon angekündigt, diesfalls eine Feststellungsklage einzubringen.

Der Aufsichtsrat hat also beschlossen, Seele nicht auf Schadenersatz zu klagen, er wird demnach wohl auch seine langfristigen Bonifikationen bekommen. Zudem empfiehlt der Aufsichtsrat die Entlastung Seeles, das wird dann in der Aktionärsversammlung im kommenden Jahr geschehen. Das kündigte Aufsichtsratspräsident Garrett in einer Aussendung am Mittwoch an.

Nachlässiger Umgang Seeles mit Compliance

Er fügte hinzu, dass Seele einen "nachlässigen Umgang in der Auslegung der strengen Compliance- und Verhaltensregeln der OMV" gepflogen habe, den der Aufsichtsrat nicht dulde. Die OMV habe die internen Regeln bereits verschärft, "strategisch bedeutsame Verträge" bräuchten nun eine formale Zustimmung des Aufsichtsrats.

Das freilich kann Seeles Anwalt Prochaska "nicht nachvollziehen", wie er auf Anfrage des STANDARD am Donnerstag sagte. Er sei bei den Interviews anlässlich der internen Sonderprüfung dabei gewesen und teile den von Garrett geäußerten Vorwurf nicht. Er werde die OMV daher auffordern, die Prüfung offenzulegen, um dann seine Stellungnahme dazu abzugeben.

(Renate Graber, 8.9.2022)