Belästigung, sexuelle Gewalt und Missbrauch – lange Zeit wurde darüber nicht gesprochen, es war ein Tabuthema, zu groß war die Scham, aber auch das fehlende Bewusstsein, dass es überhaupt ein Übergriff war. Viele Opfer glauben, dass es eben normal sei, wenn man als Frau mal einen Griff an den Po, anzügliche Bemerkungen oder gar sexuelle Gewalt erlebt.

War #MeToo ein Befreiungsakt?
Foto: APA/AFP/BERTRAND GUAY

Ein Hashtag hat das verändert. Die Aktivistin Tarana Burke hat im Rahmen einer Kampagne zur Förderung der Bestärkung und Empathie unter afroamerikanischen Frauen, die Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gemacht hatten, die Phrase "Me too" bereits 2006 auf Myspace verwendet. 2017 wurde der Filmproduzent Harvey Weinstein unter anderem der Vergewaltigung beschuldigt. Daraufhin hat die Schauspielerin Alyssa Milano am 15. Oktober 2017 einen Tweet veröffentlicht, der viral ging.

#MeToo wurde von vielen Opfern sexueller Gewalt als Befreiung erlebt, denn endlich konnten sie über das Erlebte berichten, erfuhren, dass sie nicht alleine sind, und es wurde ihnen geglaubt. Außerdem kam die gängige Täter-Opfer-Umkehr, die viele Frauen erlebten, sobald sie über sexuelle Gewalt berichteten, ins Wanken. Der Hashtag war daher für viele empowernd, und sie trauten sich endlich ihre Geschichten zu erzählen. Medien haben diese aufgegriffen und die Tabuthemen sexuelle Belästigung, Gewalt und Missbrauch offen thematisiert. So hat zum Beispiel auch DER STANDARD immer wieder die Foren für Userinnen geöffnet, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre Geschichten zu teilen und aufzuzeigen, was Frauen vielfach von Kindheit an widerfährt. Damit wurde Bewusstsein geschaffen und vielleicht sogar ein Stück weit ein gesellschaftlicher Prozess in Gang gesetzt. Aber was ist fünf Jahre später davon übrig?

Was hat die #MeToo-Bewegung bewirkt?

Ist #MeToo in Ihrem Umfeld noch Thema? Wie hat sich die Meinung über sexuelle Belästigung, Gewalt und Missbrauch durch diese Debatte verändert? Merken Sie in Ihrem eigenen Bewusstsein eine Veränderung – bewerten Sie Situationen aus der Vergangenheit anders als vor #MeToo? Und wurden Sie durch den Hashtag dazu ermutigt, Ihre persönliche #MeToo-Geschichte zu erzählen? (Judith Wohlgemuth, 10.10.2022)