Bachmannpreisträgerin Ana Marwan stellt sich in Tirol vor.

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Hall – Jubiläen bieten Gelegenheit, durchzuzählen. Die Rechnung ergibt beim Literaturfestival Sprachsalz: 350 Autoren und Autorinnen waren in den letzten 20 Jahren zu Gast. Nicht nur die Zahl ist stolz. Seit 2003 geht die Veranstaltung immer im September über die Bühne, auch von Corona hat man sich nicht aufhalten lassen und Lesungen und Gespräche virtuell ausgetragen. Obendrein ist der Zutritt gratis.

Es kann von heute bis Sonntag also wirklich jeder mitfeiern, solange er sich auf den Weg ins Tiroler Hall macht. Die Gästeliste wäre es wert: Die Filmemacherin und Autorin Doris Dörrie, die derzeit mit Freibad im Kino begeistert, stellt ihr Buch Die Heldin reist über Aufenthalte in den USA, Japan und Marrakesch vor. Bachmannpreisträgerin Ana Marwan liest aus ihrem Siegertext Wechselkröte sowie dem vergangenes Jahr noch nicht so breit rezipierten Romandebüt Der Kreis des Weberknechts. Große Aufmerksamkeit für sein Debüt hat hingegen heuer Edgar Selge bekommen. Er hat es prominenten Schauspielkollegen nachgetan: Das autobiografische Hast Du uns endlich gefunden über das Heranwachsen im postnazistischen Deutschland gefiel. Lea Streisand nimmt in Hufeland, Ecke Bötzow indes mit in die DDR.

Medikamentendystopie

Internationale Autoren gehören in Hall dazu. Aus Südkorea stellt sich Kim Hye-jin mit Die Tochter, ihrer ersten Übersetzung ins Deutsche, vor. Tomás González aus Kolumbien berichtet in Die stachelige Schönheit der Welt literarisch, was ihn einst in die USA verschlug.

Das Programm an den Schauplätzen Parkhotel, Kurhaus und Medienturm Ablinger beginnt jeweils mittags und läuft bis spät in die Nacht. Weil sich die Veranstaltungen überschneiden, treten die Autoren je zweimal an verschiedenen Tagen auf. Eine Medikamentendystopie entwirft Christoph Höhtker in Schlachthof und Ordnung. Comics werden mit der Zeichnerin Paulina Stulin vertreten sein. Musik respektive Musiktheorie bringt Benjamin Berton ein. Der Prix-Goncourt-Preisträger erzählt in der semifiktionalen Biografie Dreamworld. Oder: vom fabelhaften Leben des Dan Treacy und seiner Band Television Personalities mit Fokus auf die 1960er.

Quasi als Tiroler Hausmacht eröffnet Barbara Hundegger, die in [anich.atmosphären.atlas] die Biografie des Kartografen Peter Anich (Atlas Tyrolensis) nachzeichnet. Weltsinn einst wie heute. (wurm, 9.9.2022)