Chang fordert die US-Regierung auf, Peking für seine Cyberangriffe Kosten aufzuerlegen.

Foto: Reuters/Dado Ruvic

Die Personalverwaltung der Regierung 2014, der Krankenversicherer Anthem (heute Elevance) 2015, der Finanzdienstleister Equifax 2017 – sie alle haben zwei Dinge gemeinsam. Erstens: Sie wurden Opfer von Cyberangriffen mit groß angelegtem Datenklau. Zweitens: Die US-Sicherheitsbehörden sehen Hacker aus dem Dunstkreis der chinesischen Regierung hinter den Angriffen. Und es sind nicht die einzigen Vorfälle, bloß die größten. Rund 250 Millionen Datensätze über Personen kamen dabei in die Hände der Cyberkriminellen.

Schätzungen zufolge dürfte Chinas kommunistische Partei nun über praktisch alle persönlichen Daten von circa 80 Prozent der erwachsenen US-Amerikaner verfügen und über den größten Teil der persönlichen Daten der restlichen 20 Prozent. Das erklärte William Evanina gegenüber dem Senate Select Committee on Intelligence in einem Hearing am 4. August. Er betrachtet Chinas Regierungspartei als eine existenzielle Bedrohung für die USA.

Evanina war Special Agent des FBI mit Fokus auf Antiterrormaßnahmen, ehe er vom damaligen FBI-Chef James Clapper 2014 mit der Leitung des National Counterintelligence and Security Center (NCSC, vormals National Counterintelligence Executive) betraut wurde. Von diesem Posten trat er im Jänner 2021 zurück. Heute sitzt er im Beraterstab des Sicherheitsunternehmens Peraton.

Ein Dossier über jeden erwachsenen Amerikaner

Ähnlich wie er formulierte es auch Matthew Pottinger, der als stellvertretender Berater für nationale Sicherheitsfragen unter Donald Trump tätig war, bei der gleichen Anhörung. "Peking hat genug sensible Daten gestohlen, um ein Dossier über jeden erwachsenen Amerikaner anfertigen zu können", sagte er, "und auch über viele unserer Kinder."

Seinem Statement zufolge ist es China gelungen, in die in den letzten Jahren errichteten 5G-Netze einzudringen und damit Daten über Menschen auf der ganzen Welt sammeln zu können. Das gäbe dem Regime neue Möglichkeiten der Erpressung, Drohung, Bloßstellung und Belohnung von Menschen zur Erreichung der eigenen Ziele.

Auch heuer wurden wieder Anschuldigungen gegen China laut. Die US-Regierung als auch die Nato und verbündete Länder sehen Peking hinter dem Angriff mit der Ransomware "Blackcat" auf zehntausende Exchange-Mailserver weltweit.

Scharfe Kritik an US-Regierung

Doch trotz diesem und den Angriffen der letzten Jahre sei außer Beschwerden und Drohungen nichts passiert, kritisiert der Autor und China-Experte Gordon Chang in einem Kommentar auf "The Hill". Das Weiße Haus hat zuletzt nur mitgeteilt, führenden Pekinger Beamten Sorgen ob "umfangreicher bösartiger Cyberaktivitäten" vorgetragen zu habe. Das sei zwar gut, so Chang, halte aber das Regime nicht davon ab, weiter in amerikanische Netze einzudringen. Washington müsse China endlich politische Kosten auferlegen.

Das Verhältnis zwischen den USA und China ist insbesondere seit der Trump-Präsidentschaft angespannt, was sich ob Bidens Beistandsversprechen an Taiwan nahtlos bis heute fortsetzt. Zwischen beiden Staaten schwelt auch weiter ein Handelskrieg. Die "chinesischen Kommunisten sind Bösewichte", schreibt Chang. Das liege aber auch daran, dass die Verantwortlichen in den USA es ihnen gestatten würden, sich wie Bösewichte zu verhalten.

Anne Neuberger, Deputy National Security Adviser for Cyber and Emerging Technology, erklärte vor einigen Tagen beim Aspen Security Forum, dass die US-Regierung dabei sei, eine gemeinsame Lösung mit ihren Verbündeten im Umgang mit Chinas Cyberaktivitäten zu finden. Dabei müssten die USA notfalls auch alleine agieren, argumentiert Chang hier, zumal es hier um klare Gesetzesverstöße gehe – und die USA bisher noch nie jemandem ein Veto eingeräumt haben, wenn es um die Durchsetzung der eigenen Gesetze gehe. (red, 12.9.22)