Cheers!
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PRO von Kevin Recher

So wie man nicht jeden Tag essen geht, geht man auch nicht jeden Tag Cocktails trinken. Und wenn ich schon 13 Euro für ein Getränk ausgebe, dann will ich das volle Programm. Keine Showeinlage der Barkeeper – würde dazu auch nicht Nein sagen –, aber eine kleine Show im Glas. Klar, die inneren Werte zählen auch beim Hochprozentigen, aber ein nettes Äußeres hat noch nie geschadet. Ich will die Kirsche, ich will die Ananas, ich will das Schirmchen, ich will die Glitzerpalme, ich will alles. Deko macht nicht nur Spaß, man bekommt auch noch etwas Kleines zum Schnabulieren dazu. Win-win!

Ich werfe meiner Trinkgesellschaft oft sehnsüchtige Blicke zu, damit man mir das Alk-Accessoire schenkt. Viele mögen die Kirsche eh nicht, ich nehme sie mit Kussmund. Zu Hause mache ich mir keinen Drink mit Deko, also darf es in einer Bar schon mehr Brimborium, mehr Glitzer sein. Und das feine Gefühl, wenn man eine Kirsche mit den Zähnen vom zartsplittrigen Holzspieß zieht.

KONTRA von Michael Steingruber

Das Geheimnis eines jeden erfolgreichen Zauberkünstlers ist die Ablenkung. Während Effekthascherei die Aufmerksamkeit des Publikums bannt, wird still und heimlich der eigentliche Trick ausgeführt. Doch Bartender sollten sich dieser Technik besser nicht bedienen. Bei der Zaubershow sorgt das Täuschungsmanöver zwar für Unterhaltung, doch in der Bar hält sich die Freude in Grenzen.

Denn wenn der Cocktail mit allerlei Beiwerk daherkommt, ist Skepsis der Gäste vorprogrammiert: Sollen Schirmchen, Lamettawedel und Grünzeug von einem schlechten Drink ablenken? Bevor sich die wahre Qualität des ausstaffierten Trunks beim ersten Schluck offenbart, muss das Glas ohnedies von dem Firlefanz befreit werden – damit das Ganze nicht wortwörtlich ins Auge geht. Und als unnötig produzierter Müll machen die Dekoelemente plötzlich gar keine schöne Figur mehr.

Also anstatt Schall und Rauch auf optischer Ebene bitte lieber flüssiger Zauber im Glas! (RONDO, 17.9.2022)