Was die Bewertung der bizarren Finanzjonglagen rund um das Unternehmen Wien Energie betrifft, herrscht bislang nur in einem Punkt Einigkeit: Das Kommunikationsverhalten der SPÖ Wien hatte ungefähr die gleiche Qualität und Souveränität wie die Leistung der von Wien Energie gesponserten Rapid-Mannschaft in den Spielen gegen den FC Vaduz.

Während man bei der Ursachenforschung der grün-weißen Blamage noch im Dunkeln tappt, gibt es für das rote Informationsdesaster einen ersten Erklärungsansatz: Bürgermeister Michael Ludwig könnte sich in Transparenzfragen an der Grundhaltung des Presse- und Informationsdiensts der Stadt Wien orientiert haben.

Bürgermeister Michael Ludwig könnte sich in Transparenzfragen an der Grundhaltung des Presse- und Informationsdiensts der Stadt Wien orientiert haben.
Foto: IMAGO/SEPA.Media/Martin Juen

Dieser versucht seit Jahren die Veröffentlichung von Informationen zu den Schaltungen haarsträubend sinnloser Inserate der Gemeinde Wien zu verhindern. Und das mit einem bahnbrechenden Argument: "Die Debatte über Kosten für Inseratenschaltungen wird seit Jahren geführt! Deshalb sind diese Informationen schlicht nicht notwendig, um eine öffentliche Debatte zu schaffen."

Geheimniskrämerei

Wie hier die offensichtliche Tatsache geleugnet wird, dass eine öffentliche Debatte gerade deshalb stattfindet, weil es solche Informationen gibt, erinnert an die Behauptung: Um ein Buch lesen zu können, ist es nicht notwendig, dass dieses Buch zuvor geschrieben wurde.

Dabei könnte Ludwig den nun gegen ihn erhobenen Vorwurf der Geheimniskrämerei just mit einem neuen Impuls für die Inseratendebatte begegnen. Vor allem beim Informationsgehalt dieser als Botschaften an die Bürgerinnen und Bürger getarnten Schutzgeldzahlungen an die Familien Dichand und Fellner gibt es noch Luft nach oben.

Statt Anzeigen wie "Flanieren. So geht Sommer! Das geht auch für dich!" – mit der auf den Umstand aufmerksam gemacht wird, dass es in Wien auch möglich ist, spazieren zu gehen, und für deren einmalige Veröffentlichung beispielsweise Eva Dichands Heute 25.648 Euro erhielt – oder "Neue Abenteuer warten. Zeit für die schönen Dinge des Lebens. Wien. Die Stadt fürs Leben" – was all jene, die bislang frei nach Wolfgang Ambros glaubten, "Wien ist die Stadt zum Sterben", darauf hinweisen soll, dass man in Wien auch leben darf – könnte man Botschaften im Sinne gelebter Transparenz verbreiten. Zum Beispiel: "Planieren. So geht Termingeschäft! Das geht auch für uns!" oder "Neue Börsenabenteuer warten. Zeit für 1,7 Milliarden Euro. Wien. Die Stadt fürs Geben und Nehmen."

Erfahrung im Finanzministerium

Als begleitende Maßnahme könnte Ludwig wieder das Finanzministerium um Hilfe bitten. Dort hat man nämlich viel Erfahrung damit, Probleme wie jenes der Wien Energie mit Einsatz des Beinschab/Karmasin/Fellner-Tools zu kontern.

Das könnte dann vielleicht eine "Umfrage" im käuflichen Gratisblatt Oe24 sein, laut der 60 Prozent der Befragten die Schuld an den Finanznöten des Energieversorgers bei Sigi Maurer und Alexander Van der Bellen sehen, für 30 Prozent die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft dafür verantwortlich ist und zehn Prozent das Ganze für eine Schmutzkübelkampagne hysterischer Weiber halten, die schon ein Theater machen, nur weil ein investigativer Zeitungsherausgeber in ihren Kleidern nachschauen will, ob die wirklich von Chanel sind. (Florian Scheuba, 15.9.2022)