Szene-Gastronom Bernd Schlacher, Stadtchef Michael Ludwig und das neue Gebäude (v. li.) bei der Eröffnungsparty.

Foto: Regine Hendrich

Nach rund eineinhalb Jahren Bauzeit – und einem noch viel längeren Ringen um die Wiederbelebung an sich – ist es vollbracht. Am Montag wird das renovierte Gebäude-Ensemble beim Schloss Cobenzl auf dem gleichnamigen Wiener Hausberg aus dem Dornröschenschlaf erweckt.

Konkret heißt das: Im Rondell-Café, gegenüber dem Cobenzl-Parkplatz, können ab dann wieder Gäste und speisen und Kaffee trinken– bei herrlichem Ausblick auf die Stadt. Vorerst ist das täglich von 11.30 bis 22 Uhr möglich. Nach Ende der Soft-Opening-Phase Mitte Oktober wird um 8.30 Uhr aufgesperrt und Frühstück kredenzt.

Die Eröffnungsparty für die Weitsicht Cobenzl, wie der Komplex nun heißt, fand allerdings bereits am Mittwoch statt. Bernd Schlacher, Szene-Gastronom und Pächter des Areals, hatte Rathaus-Prominenz geladen, um das Ereignis zu begießen. Die Regenwolken am Himmel trugen ihren Teil dazu bei, dass die Reden vor dem Schloss etwas knackiger ausfielen als geplant.

Im Café haben 100 Gäste Platz, die Terrasse am Dach ist für alle frei zugänglich.
Foto: Regine Hendrich

Stadtchef Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich erfreut, dass es Wiens "wichtigstes Naherholungsgebiet" nun neu zu erleben gebe. Das Grundstück bleibt weiterhin im Besitz der Stadt. Diese hat sich, wie der Bürgermeister betonte, finanziell an der Renovierung beteiligt. Aus der Rathauskasse kamen rund vier Millionen Euro, Schlacher und Immobilienunternehmer Frank Albert investierten 16 Millionen Euro in das Ensemble.

Gesegnet statt abgefuckt

Dem waren die Spuren der Zeit zuletzt deutlich anzusehen gewesen. Oder, wie es Dompfarrer Toni Faber ausdrückte: "Es war wirklich abgefuckt." Bei Trauungen habe er sich daher immer fremdgeschämt. Das sei nun vorbei – weshalb Faber guten Gewissens um göttlichen Segen für die Weitsicht bitten konnte.

Hochzeitsgesellschaften haben auf dem Cobenzl ab sofort nicht nur eine schönere Kulisse, sondern auch deutlich mehr Platz. Neben Schloss und Meierei steht nun auch ein Neubau mit drei Etagen für Feiern, Seminare oder Kulturveranstaltungen zur Verfügung.

Dürfen bei keiner Eröffnung fehlen: ein Band zum Durchschneiden – und Toni Faber.
Foto: Regine Hendrich

Betreiber Schlacher berichtete von ersten Buchungen. "Bucht’s fleißig weiter, wir müssen der Raiffeisenbank einen Kredit zurückzahlen", scherzte er.

Wagnis während Corona

Obwohl der 57-Jährige ein erfahrener Gastronom ist – er führt unter anderem das Restaurant Motto am Fluss, das Hotel Motto und die Bäckerei Motto Brot in der Wiener Innenstadt –, war die Weitsicht Cobenzl für ihn durchaus ein Wagnis. Denn Schlacher stieg mitten in der Pandemie in das Projekt ein, als Ersatz für Unternehmer Martin Rohla.

Für Veranstaltungen wurde ein Neubau mit drei Etagen und großzügigen Terrassen errichtet.
Foto: Regine Hendrich

Dieser zeichnet unter anderem für die Lokalkette Swing Kitchen verantwortlich und war vor fünf Jahren auch als neuer Cobenzl-Pächter präsentiert worden. Er sprang aufgrund der damaligen Unsicherheiten durch Corona aber ab.

Das war eine von vielen Turbulenzen rund um die Wiederbelebung des Cobenzls. Bereits vor zehn Jahren kündigte die Stadt dem vormaligen Pächter Olaf Auer den Vertrag. Dieser wollte aber nicht abziehen und wehrte sich vor Gericht. Der jahrelange Streit mit der Stadt gipfelte 2017 in einer Zwangsräumung. Danach stand der Komplex – unterbrochen durch wechselnde Zwischennutzungen – leer.

Innen wurden die Gebäude nun im Stil der 1950er- und 1960er-Jahre gestaltet. Besonders deutlich wird das im Rondell-Café, das mit Holzvertäfelungen, Easy Chairs, Marmortischen und vielen Pflanzen ausgestattet wurde. 100 Gäste haben dort Platz, serviert wird moderne Wiener Küche. Auf dem Dach des Lokals befindet sich eine Aussichtsterrasse, die für alle frei zugänglich ist.

Tradition auf dem Berg

Erstmals eröffnet wurde das Rondell-Café in den 1950ern. Im Lauf der Zeit entwickelte es sich zu einer Art Wahrzeichen des Cobenzls. Der hat seinen Namen übrigens von seinem früheren Eigentümer Johann Philipp Graf Cobenzl. In den Besitz der Stadt kam die Liegenschaft im Jahr 1907 – und wurde ab dann zum Ausflugsziel ausgebaut. Als solches erlebte der Cobenzl spätestens ab den 1930ern eine Hochblüte.

Möbel und Einrichtung entsprechen dem Stil der 1950er- und 1960er-Jahre.
Foto: Regine Hendrich

Ein Ausflug sei es auch gewesen, der den nunmehrigen Pächter im Teenageralter zum ersten Mal auf den Hausberg führte, erzählte Schlacher bei der Eröffnungsfeier. "Damals hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich hier einmal Hausherr sein könnte." Nun findet – wie bei Dornröschen – auch diese Geschichte ein gutes Ende. (Stefanie Rachbauer, 14.9.2022)