Von 98,9 Prozent kann die Tiroler ÖVP nur träumen wie von warmen Eislutschern.

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Innsbruck – So ein Wahlkampf, oder Schadensbegrenzung, wie man es in der Tiroler ÖVP nennt, ist eine stressige Sache. Ein Termin jagt den anderen, ständig gilt es, in Kameras zu lächeln oder Hände zu schütteln oder beides zugleich. Was liegt da näher, als sich in der Hitze der Wahlschlacht eine Auszeit am Eisstandl zu gönnen. Das tat Anton Mattle, der momentan für die ÖVP durchs Land tourt, damit die Menschen sein markantes und wetterfestes Profil nicht allein von Plakaten kennen. Mattle hat eigentlich einen dankbaren Job, niemand erwartet von ihm einen Sieg oder Zugewinne. Die Frage ist nicht, ob, sondern nur wie viel die ÖVP, die sich angesichts der unausweichlichen Blamage vorsorglich hinter dem Namen "Liste Mattle" versteckt, verliert.

Wie groß muss angesichts von derlei Misserfolgsaussichten die Freude gewesen sein, als ihn just bei der Eispause eine Dame erkannt und angesprochen hat: "Sind Sie der Mattle?" Dieser bejahte und wurde prompt dafür gelobt: "Das gefällt mir, Sie essen ein Eis wie ein Normaler."

Vielleicht sollte Mattle diese Anekdote, die ihm das Lob der Dame, aber zugleich auch den Spott und die Häme tausender Twitteranten beschert hat, die sich seither köstlich über die Abgehobenheit Mattles amüsieren, zu denken geben. Anstatt sich von der eigenen Partei im Zuge einer Mission Impossible aufs Glatteis führen zu lassen und seinen plakativ klaren Kopf für einen Absturz hinzuhalten, den vielmehr sein Vorgänger zu verantworten hätte, könnte Mattle den Eisbecher gegen einen deftigen Teller Tiroler Kaspressknödelsuppe tauschen und diese Landeshauptmann Günther Platter selbst auslöffeln lassen. Dann hieße es unterm gemeinen Wahlvolk: Das gefällt mir, der hat Rückgrat wie ein Normaler. (Steffen Arora, 16.9.2022)