Mit der Gitarre in der Hand, Severin Groebner.

Foto: Dominic Reichenbach

Das Publikum ist der Risikofaktor. Wer nicht lacht, ist selbst schuld. An ihm sollte es nicht liegen, meint Severin Groebner, schließlich sei er ja schon über 25 Jahre im Kabarettgeschäft. Er eröffnet sein Programm mit drei Pointen, ohne die dazugehörigen Witze zu verraten. Die könne man sich ja dazudenken.

In blauem Anzug und schwarzem Hemd steht Groebner wie frisch gestriegelt auf der Bühne. Das passt zur Rolle des mittelalten Spießers, die er im Laufe des Abends immer wieder einnimmt. Requisiten nutzt er kaum, nur eine viereckige Gitarre hängt ihm um die Schulter. Er spricht, spielt und singt, zieht Grimassen – und kein Lächeln kommt ihm über die Lippen. Gibt es überhaupt etwas zu lachen?

Der Dieter-Hildebrandt-Preisträger nimmt in seinem neuen Programm ÜberHaltung moderne Geisteshaltungen unter die Lupe. Social Media, Body-Positivity, Laktoseintoleranz: wohl alles nicht seine Welt. Woke? So heißt doch eine asiatische Reispfanne. Und was, bitte schön, soll Cisgender sein? "Cis Frust Moll", das ist er, meint Groebner. Beim Publikum kommt das an, wahnsinnig originell ist es aber nicht.

Spannend wird es, als Groebner zur Gitarre greift. Die Lieder, die er darauf zum Besten gibt, fügen sich in den Tenor seines Programms ein. Alltagsphänomene, heute ganz normal, aber irgendwie auch befremdlich; wenn man länger darüber nachdenkt. "Rentner auf E-Bikes", zum Beispiel.

Putin und die Jugendliebe

Die privaten Missgeschicke des weißen Mannes im besten Alter treffen im Laufe des Programms auf große Geopolitik, Putin bekommt genau so sein Fett ab wie die verschmähte Jugendliebe. Man hat das Gefühl, dass Groebner alles abdecken will, was der Zeitgeist irgend hergibt. Das funktioniert zwar, wirkt aber irgendwann ermüdend. Gags über Religionen, Nachbarschaft und Verschwörungstheorien gehen immer, hat man aber auch schon anderswo gehört.

Zu seiner Höchstform läuft Severin Groebner auf, wenn er sich mit einer ordentlichen Portion Selbstironie aufs Korn nimmt. "Mia san ned deppat. Oiso scho. Aber aus freiem Willen." Nachvollziehbar. (csc, 21.9.2022)