Mit einem Tross von Mitwandernden ging es durch die Weingärten, die sich bereits in herbstlichem Antlitz präsentierten.

Foto: Lukas Kafenda

Wahlkampfzeit ist Wanderzeit. Am Samstag zog es Bundespräsident Alexander Van der Bellen allerdings nicht in die heimatlichen Kaunertaler Berge, sondern auf Einladung von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) auf den Wiener Hausberg Cobenzl. Anlass war der traditionelle Weinwandertag, der an diesem Wochenende nach zwei Jahren Pause wieder stattfindet.

Wer an diesem Wochenende einen Weinspaziergang unternehmen will, hat vier Routen zur Auswahl. Ludwig und Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) nahmen Van der Bellen und seine Gattin Doris Schmidauer am Ausgangspunkt einer dieser Routen – in Nussdorf an der Endstation der Straßenbahnlinie D, mit welcher die beiden angereist waren – in Empfang. Nachdem Czernohorszky Van der Bellen eine Wandernadel angesteckt hatte, ging es bei prächtigem Herbstwetter und gemütlichen Schrittes mit einem Tross von Mitarbeitern, Funktionären, Medienvertretern und anderen Mitwandernden durch die Weingärten, die sich bereits in herbstlichem Antlitz präsentierten.

Trachtenjanker und Wildleberkäse

Ludwig, der die Wanderung im Trachtenjanker und in kurzen Hosen unternahm, präsentierte sich als stadtkundiger Gastgeber und erzählte Van der Bellen, der seine Hündin Juli an der Leine hatte, von Weingütern, renovierten Häusern, Wiener Produkten und Co. Eine entgegenkommende Walkerin legte einen kurzen Stopp für einen Plausch mit dem Bundespräsidenten ein. "Ich wähle Sie selbstverständlich. Alles Gute und Gesundheit wünsche ich Ihnen", sagte sie ihm.

Nach einer guten Stunde und drei Kilometern war man beim ersten Zwischenstopp, einem Pop-up Heuriger der Stadt Wien, angekommen. Dort können Produkte einer stadteigenen Marke verkostet werden. Und die prominenten Gäste waren auch schon erwartet worden. Auf den Tischen waren Brötchen bereitgestellt, verkostet wurden mehrere Gläser vom Gemischten Satz. Auch Leberkässemmel wurden serviert. "Das ist Wildleberkäse von der Wildsau, die im Lainzer Tiergarten ein glückliches Leben geführt hat", erklärte Czernohorszky.

Per Shuttle zum Weingut

Die prachtvolle Kulisse der Wiener Weingärten nutzte Van der Bellen nach Speis und Trank, um in Interviews einmal mehr um Stimmen zu werben: "Ich würde mich sehr freuen, wenn ich am 9. Oktober so viele Stimmen bekomme, wie ich mir erhoffe." Vor dem Aufbrechen gab es für das Staatsoberhaupt außerdem einen Präsentkorb, auch eine Zigarette ging sich noch aus.

Am Weingut Cobenzl nahm sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen für kurze Gespräche und Fotowünsche Zeit.
Foto: Lukas Kafenda

Schließlich drängte die Zeit aber: Zum Weingut Cobenzl ging es per Shuttle. Der halbstündige Fußweg dorthin wäre sich nicht mehr ausgegangen – Van der Bellen hatte im Anschluss einen Interviewtermin, am Abend wird er beim Presidential Rave auf dem Maria-Theresien-Platz erwartet, Ludwig musste zu einem Benefizfußball-Turnier. Als die beiden am Weingut Cobenzl angekommen waren, bahnten sie sich ihren Weg durch die Besucher, standen für kurze Gespräche und Fotos zur Verfügung. Danach ging es auch schon wieder weiter. Einzig Stadtrat Czernohorszky fand noch Zeit für einen Umtrunk.

Wohlfühltermin für Wiens Bürgermeister

Ludwig kam der Wohlfühltermin nach den Turbulenzen der vergangenen Wochen rund um die Causa Wien Energie wohl gerade recht. Erst diese Woche musste er in einer Fragestunde des Gemeinderats die Notvergabe der Stadt-Kredite an die Wien Energie verteidigen. "Wo Sie Recht haben: Es ist ein angenehmer Termin. Aber ich bin auch gerne im Gemeinderat", sagt Ludwig zum STANDARD. Anstrengend seien seine Wochen immer, ganz unabhängig von der Causa Wien Energie.

Ludwig sprach sich schon vor einiger Zeit für Van der Bellen aus. "Nachdem wir beide gerne wandern", sagte er, sei der Weinwandertag ein "angenehmer Anlass, gemeinsam eine Aktivität zu setzen". Für "sehr gut erachten" würde der Bürgermeister, wenn Van der Bellen in keine Stichwahl müsste. "Gerade in einer Zeit der Krisen ist es wichtig, dass es stabile Verhältnisse gibt – das gilt besonders an der Staatsspitze."

Vorfreude auf Wahlkampfende

Van der Bellen kann aber nicht nur auf die Unterstützung Ludwigs bauen, sondern aller neun Landeshauptleute. Bei einigen war er im Zuge seines Wahlkampfes bereits zu Besuch. Am Dienstag geht es nach Kärnten zu Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ).

Trotz des Wohlfühltermins am Samstag scheint es, als würde Van der Bellen das Ende des Wahlkampfes bereits herbeisehnen. "Wenn der Wahlkampf vorbei ist, gehen wir wieder mehr spazieren. Das vermisse ich sehr", sagte er. Dann aber wieder ohne Blitzlichtgewitter und haufenweise Leute im Schlepptau zu haben. Nur er, seine Gattin und Hündin Juli. (Sandra Schieder, 24.9.2022)