Frauen bekämen ein Drittel weniger Pension als Männer, mit der Reform würde sich der Gap verschlimmern, argumentieren die Gegner und Gegnerinnen der Pensionsreform.

Foto: Imago/Manuel Geisser

Das Ergebnis war mit einer Zustimmung von rund 51 Prozent denkbar knapp – und es macht wohl bei weitem nicht alle glücklich: Die Schweizer und Schweizerinnen stimmten für eine Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen um ein Jahr. Ab 2024 sollen Frauen erst ab 65 in Pension gehen können, im selben Alter also wie derzeit die Männer. Vor allem das linke Lager, die Sozialdemokratische Partei und Gewerkschaften, sprach sich im Vorfeld vehement gegen diese Angleichung aus – und viele der Betroffenen selbst.

Umfragen zufolge wollten fast drei Viertel der Männer dem von der Regierung beworbenen Vorhaben zustimmen, mehr als die Hälfte der Frauen sprach sich dagegen aus. Das Hauptargument der Gegner und Gegnerinnen war, dass die Neuregelung einseitig zulasten der Frauen ginge. Sie bekämen heute schon ein Drittel weniger Pension als Männer. Dieser Gender-Gap würde nicht nur fortgeschrieben, sondern noch größer werden, argumentierte etwa die Sozialdemokratin Mattea Meyer im Schweizer Fernsehen: Lokomotivführerinnen oder Pflegefachfrauen etwa hätten bei Umsetzung der Pläne eine monatlich schlechtere Pension als derzeit.

Pensionssystem stabilisieren

Eine Reform der weitgehend umlagefinanzierten staatlichen Pensionsversicherung (Alters- und Hinterlassenen-Versicherung, AHV) war auch in der Schweiz sehr umstritten. Diskussionen über einen Anpassungsbedarf der in den 1940er-Jahren eingeführten AHV gab es schon seit Jahren. Der demografische Wandel, der auch bei den Eidgenossen leerer werdende Pensionskassen erwarten lässt, hat das Thema befeuert. Erstmals seit einem Vierteljahrhundert stimmte das Schweizer Volk nun am Sonntag bei einer Volksabstimmung einer Reform zu.

In Kraft treten soll sie im Jahr 2024. Das Ziel: Das Pensionssystem soll über mehr Einnahmen und weniger Ausgaben langfristig stabilisiert werden. Neben der Angleichung des Pensionsantrittsalters der Frauen, die gestaffelt erfolgen soll, stimmten die Schweizer und Schweizerinnen auch für eine Anhebung der Mehrwertsteuer um 0,4 Prozentpunkte auf 8,1 Prozent. Auch diese Mehreinnahmen sollen die AHV-Kasse mit jährlich rund 1,5 Milliarden Franken auffetten. (Regina Bruckner, 27.9.2022)