Die beiden Parteichefs, Georg Dornauer (SPÖ, links) und Anton Mattle (ÖVP, rechts), präsentierten sich geeint und waren sichtlich bemüht, das verstaubte Image einer schwarz-roten Koalition abzustreifen.

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Innsbruck – In Tirol haben ÖVP und SPÖ Dienstagnachmittag den Auftakt zu den Koalitionsgesprächen begangen. Erstmals trafen sich die Verhandlungsteams gemeinsam an einem Tisch im Rokokosaal im Innsbrucker Landhaus. Unter den Porträts der Altlandeshauptmänner wurde der Zeitplan für die Verhandlungen vereinbart, hieß es nach der gut einstündigen Unterredung. Bei einer Pressekonferenz am Vormittag hatten die Parteispitzen einen "neuen Stil" versprochen, personelle Ansagen gab es nicht.

Das erste Treffen sei "gut" gewesen, sagte ÖVP-Parteiobmann Anton Mattle zur APA. Am Mittwoch gehe es dann richtig los, die Themen "Wohnen, Raumordnung und Grundverkehr" stehen in der Früh auf dem Tagesprogramm. Insgesamt gaben sich die Verhandler nach dem Treffen jedoch auf beiden Seiten wortkarg.

"Erneuerung für Tirol"

Gegen 13 Uhr trafen sich sechs Vertreter der ÖVP und fünf der SPÖ. Unter großem Medieninteresse begrüßten sich die Politiker und Politikerinnen – die sich ja bereits sehr gut kennen – per Handschlag mit einem amikalen "Hallo, Griaß di". Für die ÖVP nahm neben Mattle der schwarze Klubobmann Jakob Wolf, Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler, Landesrat Johannes Tratter, EU-Abgeordnete Barbara Thaler und Landtagsabgeordneter Mario Gerber am Tisch Platz. Für die rote Verhandlungsgruppe anwesend waren Parteichef Georg Dornauer, Landesgeschäftsführer Lukas Matt, Landtagsabgeordnete Elisabeth Blanik, Landtagsabgeordnete Elisabeth Fleischanderl und Landtagsabgeordneter Benedikt Lentsch.

Am Vormittag hatten sich Mattle und Dornauer bei der Pressekonferenz im Hotel Adlers das Motto "Stabilität in der Krise, Erneuerung für Tirol" auf ihre Fahnen geheftet. Neue Akzente sollen vor allem im Bereich der Energiewende und -autonomie und Klimaschutz erkennbar sein, hieß es.

Zehn Arbeitsgruppen definiert

Mattle ging jedenfalls von einer – wie bisher – achtköpfigen Regierung aus. Eine Aufstockung sei aktuell "nicht das Ansinnen" der beiden Parteien. Nun stünde jedenfalls zunächst die Ausarbeitung konkreter inhaltlicher Schwerpunkte im Mittelpunkt. Erst dann würde man "sinnstiftende Ressorts" festlegen. Ob es ein eigenes Klimaressort geben werde, ließ Mattle, der im Wahlkampf offensiv gefordert hatte, "alle Potenziale" für eine Energiewende zu nutzen, offen. Das Thema werde aber "genügend Raum einnehmen", versprach er.

Damit Schwarz-Rot inhaltlich auf einen grünen Zweig kommt, wurden bereits zehn Arbeitsgruppen definiert, in denen nun "fachspezifisch verhandelt" werde – darunter etwa Wohnen und Raumordnung, Arbeit und Wirtschaft, Energie und Umwelt oder Mobilität und Verkehr. Die jeweils sechsköpfigen "Steuerungsgruppen" übernähmen die Koordination jener Verhandlungen und würden einschreiten, falls man sich nicht sofort einigen könne, erklärte Dornauer den "Modus Operandi". Sollte es dann noch immer keinen Kompromiss geben, kämen in einer "dritten Ebene" schließlich die beiden Parteichefs zum Zug.

Intensive Zusammenarbeit mit anderen Parteien

Schlussendlich werde man die Gremien mit dem geplanten Koalitionspapier befassen. Bis zum 25. Oktober sollte ebenjenes sowie auch das Regierungsteam stehen, sagte Mattle. Man wolle "flott ins Tun kommen", angesichts "sich überlappender Krisen", so sein Versprechen. "Wir brauchen rasch eine handlungsfähige Regierung", die das Land "sicher" durch "akute Problemfelder" wie etwa der Teuerung manövrieren könne, schloss sich Dornauer dem an.

Die beiden Parteichefs präsentierten sich in harmonischer Einigkeit, waren aber auch sichtlich bemüht, das verstaubte Image, das einer schwarz-roten Koalition medial mitunter zugeschrieben wird, abzustreifen. Eine solche Konstellation hatte das Bundesland schließlich bereits – nach Ende des Proporzsystems – seit Ende der 1990er-Jahre bis ins Jahr 2013 regiert. Man wolle "intensiv" mit den anderen im Landesparlament vertretenen Parteien zusammenarbeiten, sagte Mattle, gefragt nach "neuen Akzenten", die man setzen wolle. "Ideen und Anträge, auch vonseiten der Opposition", sollen "unverwässert und ohne Abänderungen" aufgenommen und "nicht schubladisiert" werden, schlug Dornauer in dieselbe Kerbe.

Gemischte Reaktion der Opposition

"Ich bin und war nie ein Beiwagerl", war es dem SPÖ-Chef Dornauer zudem ein Anliegen zu betonen. Er sprach von einer "sinnstiftenden Partnerschaft" und einem "ergebnisoffenen Verhandeln" auf "Augenhöhe". Ob die Roten einen zusätzlichen – dritten – Landesrat fordern werden, ließ er offen.

Die anderen Parteien warteten indes mit teils scharfer Kritik auf. Es handle sich um eine "Wiederauflage im Kleinformat" der einst großen Koalition, sagte FPÖ-Obmann Markus Abwerzger zur APA. "Das wird eine Koalition des Stillstandes und der Verlierer", so der Chef der zweitstärksten Partei. Die beiden seien nun eine "Schicksalsgemeinschaft" eingegangen. Besonders unter Druck sah Abwerzger SPÖ-Chef Dornauer. Alles andere als drei ausverhandelte rote Landesräte wäre "eine Dornauer'sche Kapitulationserklärung von vornherein".

Der bisherige ÖVP-Koalitionspartner Grüne wünschte in Person von Klubobmann Gebi Mair "im Interesse Tirols gute vertiefende Gespräche". "Unsere Gesprächstür bleibt offen, es gilt aber: Ohne Energiewende, Gletscher- und Klimaschutz, Kinderbildung/-betreuung und Pflegeentlastung geht's mit uns nicht", erklärte Mair zudem auf Twitter.

Man werde Schwarz-Rot an ihren "Taten statt Worten" messen, unterstrich indes die Parteiobfrau der oppositionellen Liste Fritz, Andrea Haselwanter-Schneider. (APA, red, 4.10.2022)