Im Gastblog schreibt Rechtsanwaltsanwärter Lukas Reiter über staatliche Förderungen im Spitzensport.

Der Staat gehört zu den größten Förderern des Sports. Dieser Befund beansprucht jedenfalls europaweite, wenn nicht sogar weltweite Gültigkeit. In Österreich beläuft sich alleine die Bundessportförderung auf aktuell jährlich zumindest 80 Millionen Euro (und ab 2023: 120 Millionen Euro). Dazu kommen Landessportförderungen und kommunale Sportförderungen. Von den (jedenfalls) 80 Millionen Euro an Bundessportfördermitteln – lukriert aus Abgabemitteln der österreichischen Lotterien – sind mindestens 40 Millionen Euro für den Leistungs- und Spitzensport "reserviert". Gerade im Bereich des Leistungs- und Spitzensports fördert der Staat aber häufig auch wirtschaftliche Tätigkeiten und tritt insofern als Investor von Unternehmen auf.

Die Spielregeln der Sportförderung

Ob der Staat den Sport fördert oder nicht – und wenn ja, wer gefördert wird –, ist zuallererst eine politische Entscheidung. Sportförderung in Österreich muss aber – so jedenfalls die Theorie – unterschiedliche rechtliche Spielregeln einhalten. Einerseits gilt es, die förder- und haushaltsrechtlichen Regeln des österreichischen Rechts (zum Beispiel des Bundes-Sportförderungsgesetzes für Bundesförderungen) zu beachten, andererseits werden diese Regeln auf EU-Ebene – soweit die geförderten Sportsubjekte wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben – durch die Regeln des EU-Beihilferechts ergänzt. Das EU-Beihilferecht stellt ein vergleichsweise enges Korsett für den Staat dar, unternehmerische Tätigkeiten finanziell zu fördern. Ein enges Korsett, das grundsätzlich auch im Sport vollumfängliche Anwendung findet (beziehungsweise finden müsste).

Die Kommission hat bisher erst vereinzelt rechtswidrige Beihilfen an Sportvereine festgestellt. Auffallend ist, dass sie dies vorwiegend gegenüber spanischen Profi-Fußballclubs getan hat.
Foto: APA/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Zur Durchsetzung des EU-Beihilferechts ist die Europäische Kommission berufen. Ein Blick in die Entscheidungspraxis der Kommission vermag allerdings – insbesondere in Anbetracht des (europaweiten) Förderumfangs und der inzwischen erreichten wirtschaftlichen Dimension des Sports – durchaus zu überraschen, hat sich die Kommission doch, von Sportinfrastrukturfällen abgesehen, erst vereinzelt mit der Schnittstelle von EU-Beihilferecht und dem Sport befasst.

Das EU-Beihilferecht, Real Madrid, FC Barcelona und Co

Vereinfacht gesagt, stellen die Regeln des EU-Beihilferechts staatliche Förderungen von Unternehmen (oder Wirtschaftszweigen), die den Förderempfängern einen selektiven Vorteil verschaffen und zu einer Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung führen, unter einen Genehmigungsvorbehalt. Das bedeutet: Entsprechende staatliche Beihilfen dürfen bis zu einer Genehmigung durch die EU-Kommission nicht gewährt werden. Rechtswidrig gewährte Beihilfen sind grundsätzlich an den Fördergeber zurückzuzahlen.

Die Kommission hat bisher erst vereinzelt rechtswidrige Beihilfen an Sportvereine festgestellt. Auffallend ist, dass sie dies vorwiegend gegenüber spanischen Profi-Fußballclubs getan hat. Etwa haben (unter anderem) Real Madrid und FC Barcelona über Jahrzehnte von einer spanischen Sondersteuerregelung und einem reduzierten Steuersatz profitiert. Die EU-Kommission hat diese Steuerregelung als rechtswidrige Beihilfen eingeordnet, was inzwischen – nachdem das Europäische Gericht die Entscheidung zwischenzeitig aufgehoben hatte – durch den Europäischen Gerichtshof auch bestätigt wurde.

Berücksichtigt man weiters, dass alleine elf (der möglichen 22) Uefa-Champions-League-Siege seit der Jahrtausendwende auf Real Madrid und den FC Barcelona entfallen, liegt zumindest nahe, dass die systematische, rechtswidrige und über Jahrzehnte andauernde staatliche Förderung der beiden Vereine eine gewisse wettbewerbsverfälschende Wirkung hatte.

In der öffentlichen Wahrnehmung spielt die Rolle des Staates als Investor von Profisportvereinen jedoch eine eher untergeordnete Rolle. Das vermag – gerade auch in Anbetracht der angespannten staatlichen Haushaltslagen sowie der Förderdimension im Sport – zu überraschen. Bemerkenswert ist dies auch, weil sich gänzlich konträr dazu die von (mehr oder weniger) "privaten" Mäzenen finanzierten Fußballclubs regelmäßig mit besonderen Stürmen der Entrüstung vieler sich als "traditionsverbunden" begreifender Sportfans konfrontiert sehen. Die öffentliche Debatte um das (freilich de facto wirkungslose und daher mittlerweile reformierte) Financial Fairplay mag hier als Beispiel dienen.

Wenngleich die Kommission bisher das EU-Beihilferecht im europäischen Clubsport primär gegenüber spanischen Profifußballclubs durchgesetzt hat, kann sie auch hier kaum als proaktiv handelnd bezeichnet werden. Sie hat es auch keineswegs auf Spanien oder auf diese Fußballclubs "abgesehen". Im Gegenteil, sie ist erst mehr als vier Jahre, nachdem sie mit zahlreichen Bürgerbeschwerden gegen die Beihilfen an die Fußballclubs im Jahr 2009 konfrontiert war, aktiv geworden und hat entsprechende Verfahren eingeleitet. Das zudem erst, als der Europäische Ombudsmann dem damaligen Wettbewerbskommissar öffentlich einen Interessenkonflikt (aufgrund der Nähe zu einem betroffenen spanischen Fußballclub) unterstellt hat.

Aus politischer Sicht ist die Zurückhaltung der Kommission nachvollziehbar, ist doch der Sport – und gerade der Profifußball – durch die besondere "Fanleidenschaft", die zu den "eigenen" Sportvereinen aufgebaut wird, extrem emotionalisiert. Beihilferechtliche Verfahren der Kommission gegen Fußball- oder andere Sportclubs vermögen in diesem Sinne die bedauerliche EU-Skepsis vieler Sportfans wohl noch weiter zu befeuern, weshalb die Kommission, so gut es geht, davor zurückzuscheuen scheint, den EU-beihilferechtlichen Kontrollmaßstab auch im europäischen Clubsport anzuwenden.

Neben (mehreren) Verfahren gegen spanische Profifußballclubs (über die bereits genannten hinaus auch etwa gegen CF Valencia) hat die Kommission beihilferechtliche Verfahren insbesondere gegen mehrere niederländische Fußballclubs (zum Beispiel PSV Eindhoven) geführt. Davon abgesehen wurden staatliche Förderungen von Profisportvereinen bisher durch die Kommission grundsätzlich nicht weiter beihilferechtlich geprüft.

Das EU-Beihilferecht und die österreichische Sportförderung

Soweit ersichtlich, hat sich die Europäische Kommission bisher in ihrer Entscheidungspraxis nicht mit staatlichen Förderungen von Sportvereinen in Österreich befasst. Freilich ist es in der Vergangenheit aber auch hier nicht selten vorgekommen, dass etwa Gemeinden einem in Geldnot befindlichen (Profi-)Fußballclub mit "Sonderförderungen" zur Seite gesprungen sind. Etwa in Kärnten war dies in Zeiten des "politischen Wilden Westens" gang und gäbe. Alles Vorgänge, die (auch) EU-beihilferechtlich die Alarmglocken schrillen lassen sollten. Dass sich das Rechtsverständnis hierzu inzwischen (erheblich) geändert hat, darf bezweifelt werden, insbesondere wenn es um das wirtschaftliche Überleben des "eigenen" (Dorf-)Clubs geht.

Aber auch fern des Clubsports wurde in Österreich in der Öffentlichkeit kein Hehl daraus gemacht, dass sich Sportveranstalter die Ausrichtung einer Sportveranstaltung in einem Bundesland "vergüten" lassen beziehungsweise den Austragungsort nach den höchsten Förderungen auswählen. Der Wechsel des Beachvolleyball-World-Tour Turniers vom Wörthersee nach Wien vor einigen Jahren mag hier als plastisches Beispiel dienen. Um nicht missverstanden zu werden: Aus wirtschaftlicher Sicht des Sportveranstalters ist das ein durchaus legitimer Vorgang; aus EU-beihilferechtlicher Sicht ist aber auch das mit erheblichen Vorbehalten behaftet.

Über die Dimension Österreichs hinaus stellt sich die Frage nach der EU-beihilferechtlichen Legitimation aber freilich auch ganz grundsätzlich bei der Ausrichtung von Sportgroßveranstaltungen in Europa. Massive staatliche Vorteile zugunsten der Sportveranstalter sind dort schließlich ganz üblich, ja sogar de facto gefordert, um eine (reelle) Ausrichtungschance zu haben. Bemerkenswerterweise wurden diese durch die Kommission bisher ebenso nicht angetastet.

EU-Beihilferecht im Sport – wie geht es weiter?

Dem Sportsektor kommt für die EU-Kommission aus beihilferechtlicher Sicht keine Durchsetzungspriorität zu. Allerdings – und gerade in Anbetracht der allgemeinen Teuerung, angespannter Haushaltslagen vieler Staaten und stärkeren Belastung der Bevölkerung – scheint es nicht ausgeschlossen, dass die Toleranz der Bevölkerung hinsichtlich millionenschwerer staatlicher Förderungen des (Profi-)Sports schwindet. Auch in Spanien war Anlass der Bürgerbeschwerden im Jahr 2009 die (Welt-)Wirtschaftskrise. Es scheint daher umso wichtiger, die Förderungen an Sportsubjekte vor deren Gewährung auf deren EU-beihilferechtliche Konformität zu prüfen, um nicht – etwa aufgrund einer durch Bürgerbeschwerden bei der Kommission eingeleiteten Prüfung – mit möglichen Rückzahlungspflichten konfrontiert zu sein. (Lukas Reiter, 7.10.2022)