Was Bargeld angeht, häufen sich die Mythen.
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  • Mythos eins: Der Währungsfonds will das Bargeld verbieten.

Menschen in Sorge ums Bargeld verweisen gern auf eine Studie des Währungsfonds von 2017. Titel: The Macroeconomics of De-Cashing. Doch dieses Arbeitspapier des Ökonomen Alexei Kireyev spiegelt nicht die offizielle Position des IWF wider: Es ist nur eines von vielen Arbeiten aus dem Währungsfonds. IWF-Working-Papers befassen sich etwa auch mit dem bedingungslosen Grundeinkommen – ohne dass die Organisation per se dafür eintreten würde.

  • Mythos zwei: Wer bar bezahlt, begibt sich in Corona-Gefahr.

Seit Ausbruch der Pandemie wird in Geschäften gern aufgefordert, mit Karte zu bezahlen, um die Corona-Gefahr zu reduzieren. Zu Unrecht: "Von Banknoten und Münzen geht kein erhöhtes Infektionsrisiko aus", lässt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) wissen. Und der deutsche Virologe Christian Drosten – wahrlich kein Verharmloser der Pandemie – erklärte vor einiger Zeit: "Das auf dem Geldstück klebende Virus würde ich mal weitgehend vergessen."

  • Mythos drei: Die EZB will das Bargeld seit 2018 abschaffen.

Seit 2018 fordert die EZB die Abschaffung des Bargelds, liest man häufig im Internet – vornehmlich bei Anlegerberaterfirmen, die Gold verkaufen. Doch ein solcher Vorstoß existiert schlicht nicht: EZB-Chefin Christine Lagarde betonte erst im heurigen Februar erneut, ihr sei nicht an der Abschaffung gelegen, und es gäbe keine dahingehenden Pläne. Richtig ist, dass die EZB die Einführung eines digitalen Euro erwägt, bereitgestellt von der EZB – zusätzlich zum Bargeld.

  • Mythos vier: Bargeld ist generell sicherer als Zahlen mit der Karte.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass Bargeld zwangsläufig sicherer ist als das Bezahlen mit Karte. Wer große Mengen Cash zu Hause bunkert oder mit sich herumträgt, setzt sich durchaus Gefahren aus. Andererseits kann es auch Ungemach bedeuten, wenn etwa Computersysteme ausfallen und Kartenzahlungen einmal nicht reibungslos klappen. In der Praxis empfiehlt sich der Mittelweg als sicherste Variante: etwas Cash auf der Seite, ein wenig Karte.

  • Mythos fünf: Die Abschaffung der Cent-Münzen ist nur der Anfang.

Die Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen in Eurostaaten wie Finnland und Irland sei "offensichtlich der erste Schritt", warnte die FPÖ im Jahr 2020. "Die Abschaffung des Bargelds in der Eurozone" werde vorbereitet. Darauf deutet allerdings nichts hin. Richtig ist nur, dass die EU-Kommission tatsächlich plant, das unpraktische Kleinstgeld aus dem Verkehr zu ziehen – was die große Mehrheit der Bevölkerung in der EU und Österreich goutiert.

(Joseph Gepp, 8.10.2022)