Metallschrott könnte künftig länger unterwegs und der Transport teurer sein, warnen Abfallverwerter und Upcycelbetriebe.

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Wien – Freunde werden Abfallverwertungswirtschaft und Klimaschutzministerium wohl nicht mehr. Hauptgrund ist das Abfallwirtschaftsgesetz aus dem Spätherbst 2021, das ab zehn Tonnen und einer Entfernung von 300 Kilometern eine Verpflichtung zum Bahntransport vorsieht. Alternativ sind ab 1. Jänner 2023 Lkw mit gleichwertigem oder geringerem Schadstoffausstoß als die Bahn erlaubt.

Ein Jahr später, ab Jänner 2024, wird das Regime verschärft, dann müssen Wegstrecken ab 200 Kilometer auf der Schiene zurückgelegt werden. Ab Jänner 2026 sind es nur mehr hundert Kilometer.

Lebensfremd nennen Abfallentsorgungsbetriebe diese Vorschriften. Was bei Siedlungsabfällen, also dem Restmüll von Privathaushalten, sinnvoll sei, weil der Müll nicht in großem Stil recycelt, sondern verbrannt oder deponiert wird, sei in der Gewinnung von Sekundärrohstoffen, allen voran Altmetall, das aufbereitet wird, unpraktikabel und ein Wettbewerbsnachteil.

Mängel im Gesetz

Da das Umweltministerium auf Änderungswünsche und Kritik bis dato nicht reagiert habe, holte sich der Fachverband der Entsorgungsbetriebe rechtliche Expertise. Und siehe da: Dorda Rechtsanwälte ortet in einem Gutachten prompt einiges an Mängeln im neuen Gesetz. Rechtsexperte Bernhard Müller sieht sowohl Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit beeinträchtigt, beides Grundprinzipien der EU. Auch Gleichheitsgrundsatz und Grundrechte gemäß Verfassungsrecht , wie er am Montag in einem Pressegespräch in der Wirtschaftskammer ausführte.

Auch mit dem Green Deal der EU sieht Anwalt Müller das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz in Konflikt. Denn dieser sehe eine Vereinfachung von Abfalltransporten zur Stärkung von Sekundärrohstoffen vor. Das Gegenteil aber sei der Fall. Denn im Gegensatz zu Primärrohstoffen, also frisch abgebauten und aus dem Ausland herbeigekarrten Rohstoffen, müssten diese nicht auf die Bahn verlagert werden, ressourcenschonend wiederaufbereitetes Kupfer aber schon, kritisiert Uwe Schmidt, Vorstandsdirektor der Montanwerke Brixlegg. Die Kupferhütte verarbeitet pro Jahr 180.000 Tonnen Rohstoffe, davon aber nur 30.000 Tonnen aus Österreich. Der große Rest kommt aus dem Ausland.

Zeitverlust und Mehrkosten

Für Metallschrott sei der "Bahnzwang" nicht tauglich, sagt Schmidt und verweist darauf, dass die Hütte Brixlegg 60 Prozent ihrer Produkte mit der Bahn transportiere. Kupferschrott per se sei nicht bahnaffin und verliere aufgrund der Mehrkosten von Bahntransporten an Wettbewerbsfähigkeit, womit die Klimaziele konterkariert würden. Allein die Leerfahrten bei Anlieferung zu bzw. Abholung von den Zügen würden massiv steigen, sagt der Obmann des Fachverbands Spedition und Logistik, Alexander Winter von DB Schenker. "Ein Lkw fährt sonst nie leer", das koste Zeit und Geld, erhöhe den CO2-Ausstoß. Laut Gesetz müssen Transporte an eine Plattform gemeldet werden, von der binnen zwei Tagen Rückmeldung erfolge, ob Bahntransport möglich sei.

Geringe Mengen

Erschwerend komme hinzu, dass die anfallenden Mengen an Sekundärrohstoffen zu gering seien, um Ganzzüge (500 bis 1000 Tonnen) auszulasten, gibt Brixlegg-Vorstand Schmidt zu bedenken. Daher käme für den Transport nur der teurere Einzelwagenverkehr infrage, bei denen Waggons mit unterschiedlicher Ladung in einem Zug zusammengestellt und transportiert werden. Auch deshalb sei der Kontrahierungszwang zugunsten der Bahn fragwürdig.

Im Ministerium denkt man nicht daran, im Gesetz Änderungen vorzunehmen. Abfall sei ein bahnaffines Gut und damit im Sinne des Klimaschutzes auf der Schiene besser aufgehoben. Aus verfassungsrechtlicher Sicht würden Umweltschutzgründe Regulatorien rechtfertigen – und das Gebot der Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsmittel, teilt eine Sprecherin mit. (ung, 11.10.2022)