Bei vielen versendeten Paketen kommt auch viel zurück – und einiges davon landet im Müll.

Foto: BRENDAN MCDERMID / REUTERS

Für die Konsumentinnen und Konsumenten ist die Welt des Onlinehandels äußerst praktisch. Ob Laptop oder neue Schuhe, all das kann man bei vielen Anbietern bestellen und bei Nichtgefallen einfach wieder zurückschicken – und zwar kostenlos. Eine Praxis, die aber eine äußerst unerfreuliche Schattenseite hat: Viele dieser zurückgesendeten Produkte landen nämlich einfach im Müll.

Das hat über die Jahre für viel Kritik gesorgt, allen voran am Branchenprimus Amazon. Also folgten Versprechen, dass Produkte, bei denen ein Weiterverkauf nicht möglich ist, gespendet oder recycelt werden sollen. In einzelnen Ländern gibt es mittlerweile gar Gesetze, die die massenhafte Vernichtung von neuwertiger Ware verhindern sollen – darunter auch in Deutschland. An der Realität scheint das aber wenig geändert zu haben.

Neue Kritik

Wie eine Untersuchung des ZDF-Magazins "Frontal" gemeinsam mit "Business Insider" zeigt, werden bei Amazon weiterhin neuwertige Waren vernichtet – und zwar im großen Stil. In rund 1,5 Jahren seien 1.840 Tonnen an solchen Produkten zerstört worden – und auch das erfasse nur die Produktgruppe "Verschiedenes": Das würden interne Auflistungen aus Amazon-Lagern belegen, die Greenpeace zugespielt wurden.

Das Einzige, was sich in jüngerer Vergangenheit verändert hat, sei die für diesen Vorgang verwendete Terminologie, wie Mitarbeiter aus den Logistikzentren von Amazon berichten. Statt von "Vernichtung" spreche man jetzt lieber von "Entfernung" oder "Aufbereitung". Das bestätigt indirekt auch das kritisierte Unternehmen selbst, in einer Stellungnahme heißt es, dass der Begriff "Vernichtung" irreführend sei.

Beispielhaft

Der Bericht illustriert diese Praxis anhand von konkreten Beispielen. So seien etwa erst vor wenigen Wochen in einem Logistikzentrum zwei Paletten Babydecken vernichtet worden – anstatt sie für Bedürftige zu spenden. Jede dieser Decken habe einen Wert von 45 bis 60 Euro gehabt, wäre also für Menschen in finanziellen Nöten eine tatsächliche Hilfe gewesen. Doch es würden auch weiterhin erheblich teurere Geräte vernichtet, darunter Laptops, Musikinstrumente oder elektrische Werkzeuge. Der Wert dieser Produkte liegt zum Teil im vierstelligen Bereich.

Reaktion

Bei Amazon reagiert man auf diese Kritik mit bereits bekannten Argumenten: So handle es sich bei einem Großteil der betroffenen Waren um solche, die Amazon im Auftrag von Dritthändlern am Amazon Marketplace abwickelt. Damit obliegt auch diesen zu entscheiden, was mit den rückgesendeten Produkten passiert. Was man dabei nicht sagt: Für die Händler ist es oftmals schlicht die einfachste – und auch billigste – Option, die Waren vernichten zu lassen.

Den von Greenpeace behaupteten Umfang von 1.840 Tonnen allein in einer Produktkategorie will Amazon nicht kommentieren. Stattdessen streicht man lieber die eigenen Bemühungen zur Reduktion dieses Müllhaufens heraus. So habe man allein 2021 mehr als eine Million rückgesendete Produkte an gemeinnützige Organisationen gespendet. Zudem würden sehr wohl viele Produkte recycelt.

Zerschnittene Kleidung

Da kann Greenpeace allerdings nicht zustimmen. Die Umweltschutzorganisation hat nämlich einen Informanten bei der Firma Retextil eingeschleust, die Recyclingaufgaben für Amazon übernimmt. Zu sehen bekam dieser dann unter anderem, wie neuwertige Kleidung zerschnitten wurde, um sie wertlos zu machen.

Amazon-Mitarbeiter wiederum beklagen in dem Bericht, dass es keinerlei Kontrolle gebe. Was in den Containern für zu vernichtende Ware lande – und warum –, scheine bisher niemanden zu interessieren. (red, 13.10.2022)