Thomas Schmid beim Ibiza-U-Ausschuss – beim derzeit laufenden ÖVP-U-Ausschuss ist er noch nicht aufgetaucht.

Foto: APA/Fohringer

Thomas Schmid, dessen Chats und Nachrichten immer wieder neue Ermittlungen ins Rollen gebracht und die Republik in ihren Grundfesten erschüttert haben, will Kronzeugenstatus erlangen. Gerüchteweise war das in den vergangenen Monaten immer wieder kolportiert worden, nun ist es also Faktum. Die WKStA hat das am Dienstag bekanntgegeben, wobei der Ex-Generalsekretär noch keinen formellen Antrag gestellt hat.

Sollte der 46-jährige gebürtige Tiroler, der derzeit in den Niederlanden lebt, mit seinem Ansinnen durchkommen, wäre Schmid der dritte Kronzeuge Österreichs mit einem hohen Bekanntheitsgrad. Zuletzt hatte Meinungsforscherin Sabine Beinschab rund um die Causa Umfragen den Status als Kronzeugin beantragt und zuerkannt bekommen – und damit einiges an Aufsehen und juristischen Debatten ausgelöst. Der erste bekannte Kronzeuge ist ein früherer Telekom-Manager gewesen, der 2012 Kronzeugenstatus bekam und in keinem der zahlreiche Telekom-Korruptionsverfahren auf der Anklagebank Platz nehmen musste. Zwischen 2016 und 2021 hat es laut Justiz in Summe 15 Kronzeugen gegeben.

Noch junge Kronzeugenregelung

Die Kronzeugenregelung wurde in Österreich erst 2011 (zunächst befristet) eingeführt, 2016 verlängert und gilt seit heuer modifiziert. Geregelt ist sie im Paragrafen 209a Strafprozessordnung (StPO): Demnach kann eine Täterin oder ein Täter straffrei davonkommen, wenn sie oder er freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei herantritt, ein "reumütiges Geständnis" ablegt und neues Wissen preisgibt, das wesentlich zur Aufklärung beiträgt.

Alles vorausgesetzt, dass sie oder er wurde noch nicht als Beschuldigte einvernommen worden ist und es noch keine Zwangsmaßnahmen gegeben hat, also etwa Hausdurchsuchungen oder gar eine Verhaftung. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurücktreten, die Kronzeugen kommen mit Zahlung einer Geldbuße und/oder mit gemeinnützigen Tätigkeiten davon. Danach wird das Verfahren eingestellt, wobei sich die Staatsanwaltschaft eine spätere Verfolgung vorbehält – was die Rechtssicherheit für Kronzeuginnen und Kronzeugen nicht gerade erhöht, ebenso wenig wie die Tatsache, dass es keinen Anspruch auf Kronzeugenstatus gibt.

Kronzeugin trotz Festnahme

Das Besondere im Fall der Meinungsforscherin Beinschab: Sie wurde längst als Beschuldigte geführt, es hatte Hausdurchsuchungen bei ihr gegeben, und sie war auch vorübergehend verhaftet gewesen. Trotzdem gestand ihr die WKStA mit Zustimmung von Ministerium und Weisungsrat heuer im August den Kronzeuginnenstatus zu.

Die Justiz hat das damit begründet, dass es bezüglich der neuen Vorwürfe, die Beischab aufs Tapet brachte, noch keine Zwangsmaßnahmen gegeben hatte. Unter Juristen ist diese Entscheidung höchst umstritten.

Umstrittene Entscheidung

Ähnlich wird es wohl bei Schmid laufen, auch da würde die allfällige Entscheidung der Justiz, ihm Kronzeugenstatus zuzuerkennen, zu weitreichenden rechtliche Diskussionen führen – besonders natürlich auf Seite derer, die von ihm belastet werden. Denn auch beim längst als Beschuldigter geführten früheren Generalsekretär im Finanzministerium und Ex-Öbag-Chef hat es bereits Hausdurchsuchungen gegeben, festgenommen war er aber nie.

Kronzeuge kann er also nur werden, wenn er ein ausgiebiges und reumütiges Geständnis abgelegt, ausgiebig ausgepackt und den Ermittlern zu vielen neue Erkenntnissen verholfen hat. Die WKStA gab bekannt, dass es seit Juni 15 ganztägige Einvernahmen gegeben hat, sie prüfe nun die Informationen. (Renate Graber, 18.10.2022)

Video: Diese Chats führten zu den ÖVP-Hausdurchsuchungen
DER STANDARD