René Benko hatte einen guten Draht zu den Türkisen, Thomas Schmid bringt ihn nun in Bedrängnis.

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Auf 4,9 Milliarden Euro Vermögen schätzt der "Trend" René Benko, den 45-jährigen sogenannten Selfmademan und Gründer der Signa Holding aus Innsbruck. Mit 20 Jahren habe er seine erste (Schilling-)Million gehabt, mit 40 sei er Euromilliardär geworden, so das Magazin, das ihn derzeit auf Platz sechs der hundert reichsten Österreicher führt. Nun bringt ihn einer seiner früheren Bekannten, Thomas Schmid, in seinen Aussagen vor der WKStA in arge Bedrängnis, er wirft ihm u. a. im Zusammenhang mit einer Steuerprüfung der Signa vor, ihn, Schmid, bestochen zu haben. Benko hat dazu noch keine Stellungnahme abgegeben, für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Wer ist der Mann, in dessen Unternehmen die WKStA am Dienstag Hausdurchsuchungen durchgeführt hat? Benko, 1977 als Sohn eines Gemeindebediensteten und einer Kindergärtnerin in Innsbruck geboren, beschäftigte sich früh mit Immobilien, brach das Gymnasium vor der Matura ab, um sich fürderhin dem Ausbau von Dachböden zu Luxuswohnungen zu widmen. 2001, als er das erste Ärztezentrum Medicent errichtet hatte, tat er sich mit dem Stroh-Tankstellen-Erben Karl Kovarik zusammen, gründete mit ihm die Immofina, aus der später die Signa-Gruppe hervorgehen sollte.

Der erste große Deal, mit dem der Tiroler auffiel, war dann der Erwerb des Kaufhauses Tyrol – heute gehören der Signa-Gruppe Immobilien wie das Goldene Quartier, das Luxushotel Park Hyatt (einst waren die Länderbank und die Bank Austria in dem Gebäude Am Hof beheimatet) oder die Postsparkasse in Wien, eine Hälftebeteiligung am Chrysler Building in New York oder der Elbtower in Hamburg, den Benko bis 2025 um eine kolportierte Milliarde Euro hochziehen will. Und das sind nur ein paar Beispiele für das Immobilienreich der Signa-Gruppe. Die gleichnamige Holding gehört Benkos Familie indirekt zu knapp 78 Prozent, 15 Prozent hält die Familienstiftung rund um Hans Peter Haselsteiner.

Von "Tyrol" in die Welt

Ganz groß in die Handelsbranche eingestiegen ist Benko 2012, als er mit dem israelischen Geschäftsmann Beny Steinmetz gemeinsam das Berliner KaDeWe (Kaufhaus des Westens) übernahm und in der Folge 16 Immobilien der deutschen Karstadt-Kaufhausgruppe um mehr als eine Milliarde Euro. 2019 folgte der Erwerb der Kaufhof-Gruppe, die zur Galeria-Karstadt-Kaufhof-Gruppe wurde und wegen der Pandemie unter den Schutzschirm flüchten musste, den die deutsche Regierung aufspannte. Der Gruppe wurden Schulden in der Höhe von rund zwei Milliarden Euro erlassen – sie kündigte aber dessen ungeachtet rund 4.000 Mitarbeiter und sperrte ungefähr 40 Filialen zu.

In Österreich übernahm Signa 2018 unter großem Aufsehen den Möbelhändler Kika-Leiner, in der Schweiz folgte 2020 – notabene, als man sich in Deutschland unter den Schutzschirm der Steuerzahler begab – die Kaufhauskette Globus, an der sich Signa mit thailändischen Partnern beteiligte, zudem übernahm man Sport Scheck in Deutschland. Erst heuer im August kauften Signa und thailändische Partner die britische Edelkaufhauskette Selfridges – um kolportierte vier Milliarden Euro. Und während man in Hamburg am Elbtower baut, wird auf der Wiener Mariahilfer Straße, wo einst "der Leiner" stand, das "Wiener KaDeWe" errichtet. Abseits all dessen ist Signa auch im Sport- und Outdoorhandel höchst aktiv – über die Signa Sports United mit ihren rund hundert Onlineshops.

"Der Kika-Leiner" in der Wiener Mariahilfer Straße wurde abgerissen, hier entsteht das "Wiener KaDeWe".
Foto: Imago/Viennareport/Nekula

Einstieg in die Medienbranche

Um 2018 herum entdeckte der Signa-Gründer und Vorsitzende des Beirats der Signa Holding auch sein Faible für Medien, Signa kaufte sich via ihre Medien GmbH und über die deutsche WAZ-Gruppe in "Krone" und "Kurier" ein – nicht gerade zur Freude von "Krone"-Hälfteeigentümer, Herausgeber und Chefredakteur Christoph Dichand. Die "Krone" ist Benko seither in inniger Abneigung verbunden, wie sich aus diversen Berichten ableiten lässt.

Unumstritten ist Benko, Tiroler des Jahres 2011 und zweimal Mann des Jahres im "Trend" (2012 und 2018), mit allen seinen Aktivitäten nicht. Kritisiert wurde er beispielsweise, weil Signa Geld vom deutschen Staat bekam und dann Leute rauswarf und Filialen sperrte, oder wegen seiner Nähe zur Politik. Ob Heinz-Christian Strache (FPÖ), Alfred Gusenbauer (SPÖ) oder eben Sebastian Kurz: Mit allen ist oder war Benko vernetzt. Sein Konnex zum einflussreichen grünen früheren Planungssprecher und Gemeindesratsmitglied der Stadt Wien, Christoph Chorherr, hat ihm eine Anklage in der sogenannten Spendencausa Chorherr eingetragen. Die Sache spielt zu jener Zeit, in der Benko auch andere Vorwürfe gemacht worden sind, die zu einer Verurteilung geführt haben, die Strafe ist bereits getilgt. Der Chorherr-Prozess beginnt im November. Es gilt auch hier die Unschuldsvermutung.

Die Agentur Bloomberg hinterfragte die Geschäftsgebarung der Signa-Gruppe – was diese unter Hinweis auf Bewertungen auf Basis unabhängiger Gutachten und Kontrolle durch die Wirtschaftsprüfer zurückwies. In Österreich sorgten der Kika-Leiner-Deal und sein Zustandekommen für Stirnrunzeln und kritische Fragen auch im U-Ausschuss; zudem bekam die Kaufhausgruppe Kika-Leiner Corona-Hilfen, Mitarbeiter wurden in Kurzarbeit geschickt.

Krise in Deutschland

In Deutschland findet die Krise des Warenhauskonzerns Galeria kein Ende: Im Geschäftsjahr 2020/21 summierte sich der Verlust auf mehr als 620 Millionen Euro, umgesetzt hat Galeria rund zwei Milliarden Euro. Für heuer rechnet man mit einem "Jahresfehlbetrag im unteren bis mittleren Millionenbereich", der Umsatz sei gesunken. Dem Vernehmen nach will die Kaufhausgruppe erneut um Staatshilfe ansuchen.

Unternehmer Benko mit Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bei einem Event der Raiffeisenlandesbank OÖ im Sommer 2019.
Foto: Imago/Skata

Törggelen mit Promis

Benko selbst, der mit seiner zweiten Frau vier und insgesamt fünf Kinder hat, pflegt sich mit Auftritten in der medialen Öffentlichkeit zurückzuhalten – regen Zustroms wichtiger Menschen erfreuten sich aber seit 2009 seiner Einladungen zum herbstlichen Törggelen (Maroniessen, ein Südtiroler Brauch) in der Signa Holding auf der Freyung. Mit den türkisen Politikern und deren Weggefährten wie eben Thomas Schmid war er auf gutem Fuß, wie zahlreiche Chats belegen – was daraus und den Ermittlungen der WKStA nun folgen wird, das wird sich weisen.

Er selbst beschrieb im deutschen "Handelsblatt" die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Investor einmal sinngemäß so: Der brauche viel Zeit, "das Gespür und Geschick eines geborenen Unternehmers" und müsse über Jahre hinweg ein Netzwerk aufbauen. Dass man sich darin auch verheddern kann, erwähnte er nicht. (Renate Graber, 18.10.2022)