Rassismus ist omnipräsent und begegnet einem nicht selten in Alltagssituationen. Etwa im Bus, wo Menschen, die optisch als nicht gebürtige Österreicherinnen und Österreicher wahrgenommen werden, Anfeindungen durch andere Fahrgäste ausgesetzt sind. Auch im schulischen oder beruflichen Umfeld kann es im Jahr 2022 noch zu rassistisch motiviertem Mobbing kommen. Immer mehr strafrechtlich relevante Vorfälle, die sich um rassistische Postings in den sozialen Medien drehen, beschäftigen die Behörden. Und nicht bei jedem Menschen ist ein Bewusstsein dafür gegeben, wo Rassismus anfängt – wenn etwa im Alltag Fragen kommen wie beispielsweise "Wo kommst du her?" oder "Darf ich deine Haare angreifen?".

Rassismus: Was dokumentiert wird

Der Wiener Verein Zara (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) legt Jahr für Jahr einen Rassismusreport vor, der regelmäßig bedenkliche Zahlen enthält. Die aktuelle Ausgabe dieses Berichts von 2021 zeigt auf, dass dem Verein im Vorjahr 1.977 rassistische Vorfälle gemeldet und dort dokumentiert wurden – Tendenz steigend. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs: Die Dunkelziffer an derlei Vorfällen ist noch wesentlich höher.

Rassismus ist, wie der Verein konstatiert, ein systemisches Problem, das laut Zara "tief in unseren Strukturen und Institutionen verankert ist: im Bildungssystem, am Arbeitsmarkt, in Behörden – er ist allgegenwärtig und für viele täglich spürbar."

Die Notwendigkeit, gegen Rassismus auf die Straße zu gehen, sehen angesichts aktueller Vorfälle regelmäßig tausende Menschen als gegeben an.
Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Rassismus in den Medien

Rassistische Vorfälle machen regelmäßig Schlagzeilen – nicht selten in Form von Gewalt gegen People of Color, teils mit Todesfolge. Der prominenteste Fall der jüngeren Vergangenheit ist der Tod des Afroamerikaners George Floyd, der von einem weißen Polizisten in Minneapolis, Minnesota, während einer Festnahme ermordet wurde – was in weiterer Folge den Grundstein für die weltweite Verbreitung der Black-Lives-Matter-Bewegung setzte. Auch in Österreich hat es schon Vorfälle gegeben, bei denen Schwarze durch Polizeigewalt zu Tode kamen – etwa den Fall Cheibani Wague (2003) und den Fall Marcus Omofuma (1999).

Medial ist das Thema Rassismus in verschiedenen Kontexten stets präsent, und auch kulturelle Debatten drehen sich häufig darum. Wie etwa damit umgegangen werden soll, wenn in Kinderbuchklassikern von "Pippi Langstrumpf" bis "Winnetou" rassistische Stereotype reproduziert werden, daran scheiden sich die Geister. Stark polarisierend wirken auch Künstlerinnen wie etwa Lisa Eckhart, die sich auf der Bühne den Habitus einer extravaganten Kunstfigur zulegt, die antisemitische Witze erzählt. Debatten um Political Correctness werden zudem auch gerne ins Lächerliche gezogen: Wer "keinen Spaß versteht", muss sich Bezeichnungen wie "Schneeflocke" gefallen lassen und wird damit als überempfindlich und nicht ernstzunehmend abgekanzelt. Übermäßig "woke" zu sein – ein Begriff, der eigentlich von Problembewusstsein und Achtsamkeit zeugt – gilt in manchen Kreisen bereits als Schimpfwort.

An Sensibilisierung für die Relevanz des Themas Rassismus scheint es ebenfalls zu fehlen, wenn man sich manche gesellschaftliche Entwicklung näher ansieht. Während etwa uneingeschränkte Barzahlung und das Recht auf Wohnen die Menschen in Österreich dazu bringen, in Scharen dazugehörige Volksbegehren zu unterzeichnen, scheitert das Anti-Rassismus-Volksbegehren der Initiative Black Voices daran, die erforderlichen 100.000 Unterschriften zu generieren.

Alltagsrassismus: Was haben Sie schon erlebt?

Welche Erfahrungen rund um Rassismus haben Sie bereits selbst machen müssen – und welche haben Sie als außenstehende Person miterlebt? Wie reagieren Sie, wenn Sie mit Rassismus in Worten und Taten anderer konfrontiert werden? Was, glauben Sie, müsste systemisch geschehen, um rassistische Vorfälle eindämmen zu können? Diskutieren Sie im Forum! (Daniela Herger, 2.11.2022)