EU-Ratspräsident Charles Michel beim Brüsseler Gipfel.

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Wurde beim EU-Gipfel in Brüssel nun ein "Gaspreisdeckel" beschlossen, wie Kanzler Nehammer vermerkte? Oder ist es laut dem deutschen Kanzler Olaf Scholz nur ein "Notfallmechanismus" gegen exzessive Großhandelspreise? Oder ein nachhaltiger "Marktkorrekturmechanismus", wie Kommissionschefin Ursula von der Leyen sagte?

Allein die Tatsache, dass sich die Staats- und Regierungschefs nach einer langen Verhandlungsnacht bei der verkündeten "Einigung" schon sprachlich nicht einig waren, was nun kommt, zeigt das Dilemma. Die ganze Sache ist nicht nur kompliziert. Die Interpretationen zu Lösungsansätzen, wie Energie für Bürger billiger zu machen ist, hängen sehr davon ab, welche länderspezifischen Interessen damit verbunden sind.

Kompromisslösung

Daher hat der Gipfel im Kompromiss nur eine Richtung vorgegeben, mit der alle zufrieden sind. Mit den Details der vorgeschlagenen regulatorischen Eingriffe in einen marktwirtschaftlich geprägten Gashandel sollen sich nun erneut die Energieminister herumschlagen. Man will gemeinsam Gas einkaufen, der Gasbörse Limits, "flexible Korridorpreise" aufzwingen, Spitzenpreise kappen. Das kann funktionieren.

Nicht beschlossen wurde jedenfalls ein "Deckel" in dem Sinn, dass die EU über das Budget den Gaspreis drückt, wie Spanien das macht. Deutschland blockiert das zu Recht. Solche EU-Staatsmarktwirtschaft wäre teuer, würde aber den Gasverbrauch ankurbeln. Das Gegenteil muss erreicht werden. (Thomas Mayer, 21.10.2022)