Wien – Der heurige Nationalfeiertag ist der letzte, den das Parlament im Übergangsquartier in der Hofburg begeht – in den kommenden Wochen steht die Rückkehr ins renovierte Hohe Haus am Ring an. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hofft, dass dann alle Fraktionen "im Umgangston miteinander wieder eine moderatere Haltung einnehmen", wie er in einem Interview mit der APA meinte. Denn das "Anpatzen" unter der Gürtellinie sei für die Bevölkerung "unerträglich" und schade der Demokratie.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) will einen moderateren Umgangston im Parlament. Er zeigt sich außerdem offen für eine Reform des U-Ausschusses.
Foto: APA/ Georg Hochmuth

Noch bevor der Parlamentsbetrieb ins alte, neue Haus übersiedelt, gehen die Zeugenbefragungen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zu Ende. Sobotka wurde als Vorsitzender des Ausschusses von der Opposition, aber auch von den Grünen scharf kritisiert und zum Rückzug aufgefordert.

Ob er über das Ende des Ausschusses froh sei, wollte Sobotka nicht kundtun. Für die Opposition sei er offenbar jemand, "den man in seiner Haltung nicht akzeptiert – weil ich sehr klar bin und auch eine gewisse Standfestigkeit habe", glaubt der Nationalratspräsident im Gespräch mit der APA.

Sobotka kritisiert "ständiges Anpatzen"

Was er "wirklich für schwierig halte für unsere Demokratie", sei, "wenn man die politische Auseinandersetzung nicht mehr mit dem politischen Argument führt, sondern mit Anzeigen, mit diesem Dirty Campaigning", kritisierte Sobotka. Streitereien und ständiges "Anpatzen" unter der Gürtellinie seien für die Bevölkerung "unerträglich" und führten letztlich dazu, dass sich die Leute abwenden.

Trotz zahlreicher Krisen, die bewältigt werden müssen, hofft Sobotka, dass man in den nächsten Monaten auch eine Änderung der U-Ausschuss-Spielregeln zustande bringt. Einiges könnte man auch jetzt schon besser machen, glaubt er, etwa den Untersuchungsgegenstand enger fassen und lieber mehrere kürzere U-Ausschüsse hintereinander machen als einen ausufernden wie den derzeitigen.

Umzug des Parlaments

Vorher muss aber ohnehin einmal das Großprojekt Umzug bewältigt werden. Vor zwei Wochen hat die Bundesimmobiliengesellschaft das Haus am Ring übergeben, nun hat das Parlament drei Monate Zeit für die Rückübersiedelung. Am 12. Jänner wird die offizielle Eröffnung gefeiert, am 14. und 15. Jänner sind Tage der offenen Tür. Bis dahin muss der Betrieb im technisch komplett erneuerten Hohen Haus – man wolle etwa ein "papierloses Parlament" werden – eingespielt sein, gab Sobotka zu bedenken.

Herausforderung in der Migrationsfrage

In der aktuellen Migrationssituation sieht der frühere Innenminister (2016 und 2017) Österreich besser vorbereitet als bei der letzten Krise: "Wir sind gut gerüstet", meinte er, "das waren wir 2015 und 2016 in dieser Form nicht." Fast alle hätten außerdem die gleiche Sicht, wie man damit umzugehen habe, nämlich den Menschen zu helfen, aber auch klar zu sagen, dass Asyl nicht ein Recht sein könne, wo man "durch zig Staaten, die Sicherheit bieten, einfach durchreisen kann und sich so quasi sein Sozialsystem aussuchen kann".

Er sehe aber sehr wohl ähnlich wie 2015 die hohe "Belastung" Österreichs. "Wirklich ärgerlich" sei es, dass die EU es bis heute nicht geschafft habe, eine ordentliche EU-Außengrenzstruktur aufzubauen. Außerdem erinnerte Sobotka an das hohe Engagement, Ukraine-Vertriebene zu betreuen – und man habe "auch die moralische Verpflichtung", das zu tun. (APA, 25.10.2022)