Wenn sich Manfred Grill verkleidet, dann richtig. "Ich hab eine Ritterrüstung aus Metall zu Hause", erzählt der Floridsdorfer – eingekeilt zwischen einer Stange mit üppig bestickten Zirkusjacken und einer mit Hosen in schier unzähligen Farben und Materialien. "Dracula war ich auch schon, da hatte ich aufgeklebte Zähne. Die haben gut gehalten, aber ich konnte die ganze Party lang nichts essen."

Am heurigen Halloween-Abend setzt sich Grill nicht auf Diät: Er geht als Horrorclown. Um ein Kostüm zu finden, das seinen Ansprüchen genügt, hat er eine stadtbekannte Adresse für derartige Zwecke aufgesucht: die Fachhandlung Faschingsprinz in der Taborstraße.

Horrorclowns und Gruselmasken gehören auch in Wien dazu.
Foto: Christian Fischer

Für derartige Spezialgeschäfte brechen dieser Tage arbeitsame Zeiten an – so ist zumindest die Hoffnung: "Die Gefühle sind gemischt", sagt Herr Christian, Filialleiter im Faschingsprinz mit Blick auf den nahenden 31. Oktober. Nach zwei Corona-Jahren mit keinen bis wenigen Halloweenpartys stehen heuer die Chancen auf gute Umsätze zwar nicht schlecht – denn Kontaktbeschränkungen sind nicht in Sicht. Zum Fürchten gibt es aber dennoch etwas: die Nachwehen der Pandemie.

Herr Christian und sein Team.
Foto: Christian Fischer

"Ich habe nur noch kleine Vampirzähne. Und die mittelgroßen Blutfalschen sind auch aus", erzählt Herr Christian. 40.000 Artikel hat er im Sortiment, 90 Prozent der Ware kommt aus China. Die gegenwärtigen Lieferkettenprobleme spürt das seit 50 Jahren bestehende Familienunternehmen daher besonders.

Dazu kommt die offenbar zögerliche Industrie. Richtige Kostümtrends seien nicht auszumachen, sagt Herr Christian: "Es wird heuer nichts Neues angeboten." Das liege auch daran, dass es Corona-bedingt zuletzt wenig neue Filme gegeben habe, die Inspiration liefern könnten. Herr Christian setzt daher darauf, dass es noch einmal mit dem Bestseller aus dem Vorjahr klappt: Kostümen zur Netflix-Produktion Squid Game. Für Fans des Klassischen ist freilich auch gesorgt: "Ein Skelett geht immer."

Den Fasching abgelöst

Genau nach diesem Outfit sucht Theo im Traditionsunternehmen ED. Witte in Mariahilf. Beziehungsweise hat er es dort gefunden. Hauteng ist der schwarze Anzug mit weißem Skelettprint. Dem Elfjährigen gefällt’s. Wofür er das Kostüm benötigt? Für "Süßes oder Saures" mit seiner kleinen Schwester. Die ist bereits eingekleidet – als Vampir.

Der elfjährige Theo will als Skelett die Nachbarschaft unsicher machen.
Foto: Christian Fischer

"Halloween hat für uns den Fasching ein bisschen abgelöst", sagt Susanne Schmid, Chefin von ED. Witte. "In Wien finden im Fasching viele elegante Schwarz-Weiß-Bälle statt, da benötigt man keine Kostüme. Die Saison im Herbst ist uns zugutegekommen." Der 31. Oktober sei jedenfalls "der stärkste Verkaufstag", erzählt Schmid. Ein Klassiker, der immer geht: "Einen Umhang kann man immer brauchen: Da kann man sich als Vampir verkleiden oder als Teufel." Aber auch Zubehör, Deko und Make-up findet Anklang: "Mit der richtigen Schminke kann man aus jedem Kostüm ein Gruselkostüm machen."

Einfach, weil vielseitig ist der Umhang, sagt Susanne Schnmid.
Foto: Christian Fischer

Ob Halloween 2022 für den Faschingsprinz ein gutes – mit den fast schon traditionellen Warteschlangen bis auf die Straße hinaus – wird, das zeige sich so richtig in den Tagen kurz vor dem Fest, sagt Herr Christian. "So richtig geht es immer ab dem Nationalfeiertag los." Damit es im Geschäft diesmal nicht ganz so eng wird, hat Herr Christian umgeräumt. Die Damenabteilung ist nun ganz hinten, und in der Mitte steht ein neues Regal mit allerhand schmucken Accessoires: Crystal-Meth-Zähne, Messerwunden oder verbrannte Haut.

Auch beim ED. Witte wartet man noch auf finale Zahlen. Vergangenes Jahr sei Halloween nach dem Covid-bedingten schlechten Fasching schon nicht schlecht gewesen – "für Zeiten wie diese", fügt Schmid hinzu. Momentan laufe es sehr gut. Wie der Umsatz tatsächlich aussieht, werde man aber erst Ende der Woche sagen können. Man merkte aber, "dass sich die Leute wieder treffen und auch gerne feiern wollen", sagt Schmid. Und wer sind die, die feiern wollen? "Wir haben alle Altersgruppen, aber Halloween ist schon ein Thema der Jugend."

Gruslig soll es zu Halloween sein. Masken sind ein schnelles Kostüm.
Foto: Christian Fischer

Laut einer KMU-Umfrage der Wirtschaftskammer Wien kaufen 76 Prozent der 15- bis 29-jährigen Wienerinnen und Wiener zu Halloween etwas ein. Der Anteil bei den Älteren liegt deutlich niedriger: In der Altersgruppe der ab 60-Jährigen wollen nur 27 Prozent Geld für Halloween-Artikel ausgeben. Jene, die für den Gruseltag etwas besorgen, geben im Durchschnitt etwa 40 Euro aus. Positiv daran: 80 Prozent der Halloween-Fans kaufen ihre Artikel zumindest auch in (stationären) Geschäften, 39 Prozent shoppen online.

Essen und Deko Top-Artikel

Gekauft werden aber nicht nur Kostüme: In den Top Drei der Wirtschaftskammer kommen diese gar nicht vor: Süßigkeiten (37 Prozent) sind der Renner, gefolgt von Kürbissen zum Basteln (17 Prozent) sowie Dekorationsartikel (15 Prozent). Ein traditionelles Halloween-Essen gibt es in Wien zwar nicht, aber bei denjenigen, die ein "spezielles Gruselmahl bevorzugen, stehen Kürbisgerichte und -suppen sowie Speisen mit Halloween-Deko hoch im Kurs", heißt es von der Kammer.

Was die Studie jedoch auch zeigt, ist, dass die Wienerinnen und Wiener heuer mehr aufs Geld schauen. Im Vergleich zum Vorjahr will ein Drittel der Käuferinnen und Käufer heuer zu Halloween weniger ausgeben. Dass mit der gegenwärtigen Teuerung die nächste Krise für die Branche anstehen könnte, das glaubt Herr Christian vom Faschingsprinzen nicht – im Gegenteil. Das Kostümieren sei eine willkommene Gelegenheit, dem tristen Alltag zu entkommen. Ja, die Ware sei teurer geworden, räumt er ein. Aber: "Wir versuchen, so wenig wie möglich an die Kunden weiterzugeben. Und für Party ist meistens Geld da." (Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 31.10.2022)