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Achtung: Nicht aller Horror ist nur Kürbis.

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Robert Forster als ratloser Sheriff in seiner letzten Rolle.

Foto: Vanishing Angle Ltd.

Rabenfedern hinter Glas: Gloria Friedmanns Werk "Nocturne".

Foto: Bildrecht Wien, 2022

Der tödliche Kampf um die Macht: "Maria Stuart", Burgtheater.

Foto: APA/Barbara Gindl

Greg Anderson von SunnO))) lehrt auch als The Lord das Fürchten.

Foto: Southern Lord
Foto: Aki-Verlag

Film: Werwolf oder der Wolf im Manne?

Robert Forster als ratloser Sheriff in seiner letzten Rolle.
Foto: Vanishing Angle Ltd.

Mit wunderschönen Überblendungen und stimmungsvoller Musik beginnt The Wolf of Snow Hollow. Der Schauplatz ist ein Skiort in Utah. Ein nerviges Paar, das sich eine Auszeit gönnen möchte, trifft im Dorfdiner auf ungemütliche Hillbillys. Alles wie immer in Snow Hollow. Doch der Vollmond schwebt bedrohlich über der Szenerie, und plötzlich tauchen grausam zerstückelte Frauenleichen und riesige Wolfsspuren im Schnee auf.

Der zuständige Ermittler ist ein alleinerziehender Choleriker mit Alkoholproblem. Verkörpert wird er von Jim Cummings, der auch Regie führt. The Wolf of Snow Hollow ist eine Indie-Werwolf-Komödie, so schwarzhumorig und atmosphärisch, als ob sie von den Coen-Brüdern und David Lynch gemeinsam erdacht worden wäre.

Spätestens dann, wenn Twin Peaks-Darsteller Robert Forster in seiner allerletzten Rolle auch hier als Dorfsheriff auftritt, wird klar, dass Cummings sich auf seine Art vor Lynchs Klassiker tief verbeugt. (Auf Amazon Prime)


Buch: Mädchen verschwinden im Berghotel

Wer streift nachts über eiskalte Flure?: "Strega" von Johanne Lykke Holm.
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Wie aus dem Nichts ist das mondäne, sündenschwere Hotel Olympic einst aus dem Boden aufgetaucht und thront geheimnisvoll (keine Gäste mehr) über einem Bergdorf namens Strega. Dieses gibt der nun von Hanna Granz ins Deutsche übertragenen Erzählung der schwedischen Autorin Johanne Lykke Holm den Titel. Sie ist soeben im Aki-Verlag erschienen.

Die an Horrorszenarien aus Shining und Suspiria erinnernde Mädchenzüchtigungsgeschichte beschwört mit akribischen meteorologischen wie olfaktorischen Angaben auf 190 Seiten eine mysteriöse Welt herauf, deren ungreifbare Bedrohungen stets schwer im Raum schweben.

Es riecht nach Schlachthaus und Bilsenkraut (giftig), und eine von den neun als Saisonarbeiterinnen ins Olympic ziehenden jungen Frauen verschwindet nach der ersten mit Gästen absolvierten Ballnacht spurlos. Strega ist das italienische Wort für Hexe, und das Buch testet aus, wie weit der Bann teuflischer Kräfte geht.


Kunst: Ein Tor zu einer anderen Welt im Wiener Mumok

Rabenfedern hinter Glas: Gloria Friedmanns Werk "Nocturne".
Foto: Bildrecht Wien, 2022

Eigentlich passiert in der aktuellen Herbstausstellung Das Tier in dir im Wiener Mumok nichts Gruseliges. Auf drei Stockwerken wimmelt es von menschlichen Kreaturen, tiergewordenen Wesen, fleischigen und pelzigen Körpern. Da geht es verspielt, komplex, exotisch und auch ernst zu – fürchten muss man sich aber nicht. Sogar die blaue XXL-Spinne ist eine liebe. Erst im letzten, zwei Etagen unter der Erde liegenden Raum offenbart das Kapitel Im Schatten der Nacht eine dunkle Seite.

Ganz speziell das Bild Nocturne der deutsch-französischen Künstlerin Gloria Friedmann: Bei seinem Anblick läuft es einem kalt den Rücken hinunter. Die Linien, die man für tiefschwarze, geschwungene Pinselstriche halten könnte, sind nämlich keine. Hinter der Glasscheibe bauschen sich unzählige, dicke Rabenfedern zu einem dunklen Ungetüm auf. In seiner ganzen Pracht scheint das 1991 geschaffene Werk mit metallenem Rahmen wie ein düsteres Tor in eine andere Welt zu führen. Ob es die Unterwelt ist?


Musik: Nachts im Wald wird alles schwarz

Greg Anderson von SunnO))) lehrt auch als The Lord das Fürchten.
Foto: Southern Lord

Normalerweise sorgt der US-Gitarrist Greg Anderson gemeinsam mit Stephen O’Malley als Drone-Metal-Duo SunnO))) für eine mittels Lautstärke und Bassfrequenzen körperliche Erfahrung zwischen Furcht vor Hörsturz, nackter existenzieller Angst oder kathartischem Erlebnis. Solo veröffentlichte der in einer Mönchskutte steckende Mann im ewig wabernden Trockeneisnebel heuer gleich zwei Soloalben.

Unter dem südlich des Himmels angesiedelten Kampfnamen The Lord nahm er sich auf Forest Nocturne imaginärer Musik für Gänsehautfilme an. Als Einflüsse gelten John Carpenter oder der für Alfred Hitchcock tätige Bernard Hermann. Statt Orchester setzt es allerdings brutale, bis zu einer Minute stehende Metalriffs und undefinierte Grunz- und Grollgeräusche aus dem verwunschenen Wald. Auf Devotional strebt The Lord mit Violinistin und Sängerin Petra Haden unter dem Einfluss klassischer indischer Musik hingegen zum Licht und zur Ekstase. Das ist fast beängstigender.


Theater: Der Kopf, der hier fällt, ist nicht aus Kürbis

Der tödliche Kampf um die Macht: "Maria Stuart", Burgtheater.
Foto: APA/Barbara Gindl

Eines der raren Frauenduelle der Dramengeschichte legt sich immer wieder aufs Neue mit eisiger Kälte wie ein mustergültiges Bild für Machtgebaren und Staatsräson auf tödliche Politintrigen unserer Tage. In Friedrich Schillers Maria Stuart sehen wir die englische Königin Elisabeth im vielfach manipulierten Ringen um ein Urteil für die eingekerkerte Rivalin, die schottische Königin Maria Stuart.

In den gespenstischen Katakomben der Macht, die Martin Kušej am Burgtheater inszeniert hat, brillieren Bibiana Beglau (Elisabeth) und Birgit Minichmayr (Stuart) als gigantische Wortführerinnen ihrer eigenen politischen Anliegen. Gesunden Sauerstoff gibt es da nicht viel. Und wenn zu Beginn – den Ausgang vorwegnehmend – ein Kopf mit langem Haar die Bühnenluft durchschneidet, so ist das kein Gemüse. (Margarete Affenzeller, Valerie Dirk, Katharina Rustler, Christian Schachinger, 31.10.2022)