Der blaue Haken soll in Zukunft deutlich leichter zu bekommen sein.

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Seit Elon Musks Twitter-Übernahmedeal sickern täglich neue Details zu kommenden Veränderungen an der Social-Media-Plattform durch. Ein besonderer Fokus scheint dabei auf neuen Monetarisierungsmodellen zu liegen. Denn: Musk will Twitter nicht nur langfristig weniger abhängig von Werbeeinnahmen machen, er braucht auch kurzfristig zusätzliche Einnahmequellen, um die Zinsen für neu aufgenommene Kredite stemmen zu können. Zusätzlich rund eine Milliarde Dollar jährlich soll für das Unternehmen anfallen – DER STANDARD berichtete.

Einer der umstrittensten Bereiche, in denen es Neuerungen geben soll, ist das Verifizierungsmodell, das Accounts mit einem Haken neben dem Namen versieht. Die Funktion dient, neben dem ungleich wichtigeren Schutz vor Fake-Accounts, auch als Statussymbol. Ein bei Twitter intern diskutiertes neues Modell könnte nun den gesamten Fokus auf die zweite Funktion legen und den blauen Haken damit zu einem rein kosmetischen Aspekt machen.

Reines Statussymbol

Derzeit werden, nach einer Prüfung der Relevanz des Profils, nur Accounts verifiziert, die entweder auf einer offiziellen Website auf ihr Profil verweisen, eine offizielle E-Mail-Adresse bestätigen können oder eine Ausweiskontrolle durchlaufen. Welche Methode verwendet werden kann, hängt dabei von der Kategorie des Accounts ab – Einzelpersonen müssen sich immer ausweisen.

Das könnte sich nun ändern: Der "New York Times" wurden interne Twitter-Dokumente zugespielt, die zeigen, dass das neue, an das kostenpflichtige "Twitter Blue"-Abo gebundene Verifikationsmodell keine Identitätsüberprüfung beinhaltet – außer über die Zahlungsmethode, die für den "Blue"-Account verwendet wird.

Zunächst sollen nach "NYT"-Informationen alle "Blue"-User automatisch den blauen Haken erhalten. Bereits verifizierte Accounts ohne "Blue" sollen das Symbol zu einem späteren Zeitpunkt verlieren – ausgenommen sollen nur Regierungs-Accounts sein. Diese werden bereits jetzt mit einem weißen Haken versehen, um sie von anderen verifizierten Nutzerinnen und Nutzern abzuheben.

"Verifizierte" Bot-Armeen?

Auf Twitter sorgt die Enthüllung der "New York Times" natürlich für Kontroversen. Sollte dieses Modell tatsächlich so eingeführt werden, wird es in Zukunft wohl deutlich schwieriger, gefälschte Accounts von echten zu unterscheiden. Desinformationskampagnen könnten so zwar teurer, aber auch deutlich effektiver werden: Troll-Accounts und Bots für acht Dollar pro Stück mit einem legitimationssteigernden Symbol zu versehen dürfte gerade für staatliche Akteure kein großes Problem darstellen.

Der kalifornische Autor Adam L. Brinklow reagierte auf die Nachricht mit einem Scherz auf Elon Musks Kosten: Er erstellte einen neuen Account mit der Twitter-Handle "@RealElonMusk" und kündigte an, diesen nun verifizieren lassen zu wollen.

Twitter-Angestellte stehen aktuell unter großem Druck, neue Einkünfte für die Plattform zu lukrieren. Musk drohte etwa dem Produktteam für den "Blue"-Aboservice mit der Kündigung, sollten bereits von ihm angekündigte neue Funktionen nicht bis kommende Woche fertig werden. (Jonas Heitzer, 4.11.2022)