Dunkle Wolken über Twitter – Elon Musk versucht sich deshalb als hochmotivierter Feuerwehrmann.

Foto: APA/AFP/OLIVIER DOULIERY

Es ist noch nicht einmal eine Woche vergangen, seit der Kauf von Twitter durch Elon Musk publik wurde. Seitdem ist viel geschehen. Musk kündigte an, für verifizierte Accounts acht Dollar im Monat verlangen zu wollen, auch für selbsterstellte Videos könnte laut dem Neo-Eigentümer künftig Geld von den Schaffenden verlangt werden, von dem Twitter sich einen Anteil abzwicken würde. Gingen deshalb die Wogen zuletzt hoch, schießt Musk nun nach und schließt öffentlich die Entlassung von rund 50 Prozent der Angestellten nicht aus.

Die Entscheidungen gleich zu Beginn seiner Regentschaft haben ganz offensichtlich das Ziel, den Nachrichtendienst möglichst rasch profitabel zu machen. Ein weiter Weg für den erfolgreichen und zugleich umstrittenen Unternehmer.

Geht nicht ums Geld

"Bei diesem Kauf geht es nicht darum, Geld verdienen zu wollen. Eine Plattform zu haben, die vertrauenswürdig und integrativ ist, ist für die Zukunft unserer Zivilisation äußerst wichtig.": Dieses Musk-Zitat vom April dieses Jahres scheint überholt, sieht man sich die Ereignisse der letzten Tage an. Das liegt vielleicht daran, dass seitdem sechs Monate vergangen sind, in denen der Kauf immer wieder auf der Kippe stand und man das Gefühl hatte, Musk habe das Vertrauen in die Plattform verloren, besser gesagt in die Möglichkeit, damit wirtschaftlich arbeiten zu können.

Vor der Akquisition zeigte der Quartalsbericht von Twitter ein Minus von 344 Millionen Dollar. Durch die Übernahme kamen Milliarden an Schulden in die Bilanz des Unternehmens, nahm Musk doch einen Kredit im Wert von 13 Milliarden Dollar auf, die nun Twitter bezahlen muss. Damit steigen laut "Deal Book" die jährlichen Zinszahlungen des Unternehmens auf rund eine Milliarde Dollar. Will man den Nachrichtendienst also profitabel machen, liegen jetzt mehr Steine im Weg als noch vor dem Kauf.

Auch andere Aspekte leiden unter der Neuübernahme. So brach das Werbegeschäft über den Sommer massiv ein, weil auch große Firmen ihre Ausgaben auf diesem Gebiet zuletzt reduziert hatten. In den vergangenen Tagen haben sich zudem größere Agenturen kritisch gegenüber Twitter geäußert. Eine der größten Beratungsfirmen für Unternehmenskommunikation, Omnicom, wurde am Mittwoch mit den Worten zitiert, man sei in "engem Kontakt mit Twitter", um die Auswirkungen der neuen Geschäftsführung und "potenzielle Änderungen in der Strategie" zu evaluieren. "Unklarheit" würde "Bedenken bei Werbekunden" auslösen, weshalb man Beratung für die richtigen Entscheidungen biete.

Mit dem Rücken zur Wand

Bricht das Werbegeschäft weiter ein, muss es andere Lösungen geben, um die Plattform in die schwarzen Zahlen zu bringen. Die Idee, Premium-Accounts für acht Dollar im Monat anzubieten, scheint da ein erster Versuch zu sein. Die großen Löcher wird man damit allerdings nicht stopfen. Bisher sind rund 400.000 Nutzer auf der Plattform mit einem blauen Haken "verifiziert", was Musk etwa 38 Millionen Dollar im Jahr einbringen würde. Ein Tropfen auf den heißen Stein, sieht man sich allein die aktuellen Zinszahlungen des Unternehmens an.

Die Entlassungswelle, die vor ein paar Tagen mit mehreren Top-Managern des Unternehmens begonnen hat, könnte die laufenden Kosten weiter reduzieren. Das Gerücht, Privatnachrichten könnten kostenpflichtig werden, würde aber wohl eine Vielzahl der Kundschaft von der Plattform vertreiben oder zumindest Alternativen ausprobieren lassen.

Musk wird in jedem Fall nicht müde, die Werbetrommel für sein neues Baby zu rühren. In einem Auswahlmenü, das er am Mittwoch auf Twitter teilte, fragte er seine 113 Millionen Follower, ob Werbetreibende lieber in "Politische 'Korrektheit'" oder in "Redefreiheit" investieren sollen. Den laut ihm bestehenden Widerspruch zwischen den beiden Wahlmöglichkeiten erläutert er nicht. (aam, 3.11.2022)