Zuletzt wurden die Mittel für das österreichische Bundesheer massiv aufgestockt. Nun kritisiert der Rechnungshof: Das bisherige Bedarfsprogramm ist wenig aussagekräftig.

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Wien – Der Rechnungshof (RH) kritisiert die Beschaffungsplanung des Bundesheeres. Aufgrund der vorliegenden Bedarfsprogramme mit einem Planungshorizont von zehn Jahren "war kein aktueller und vollständiger Überblick über den notwendigen Investitionsbedarf gegeben", moniert der RH in seinem am Freitag veröffentlichten Bericht. Zudem merkt der RH an, dass kein Monitoring und keine systematische Überprüfung geplanter Beschaffungen vorgesehen seien.

Konkrete Zahlen fehlen

Der Rechnungshof prüfte im Verteidigungsministerium die Auswirkungen der Beschaffungsplanung auf die Einsatzbereitschaft des Bundesheeres, insbesondere im Zeitraum 2013 bis 2020. Eine gesamthafte Aussage über die Auswirkungen der Beschaffungen sei allerdings nicht möglich, befand der RH.

Das Bedarfsprogramm sollte eine Zusammenschau über zukünftig erwartete Aufwendungen zur Änderung bestehender oder zur Erlangung neuer militärischer Fähigkeiten und Vorhaben bieten. Aufgrund der bisher vorliegenden Bedarfsprogramme mit einem Planungshorizont von zehn Jahren "war kein aktueller und vollständiger Überblick über den zum Fähigkeitenerhalt und zur Fähigkeitenentwicklung notwendigen Investitionsbedarf gegeben", schreibt der RH. Aus Sicht des Rechnungshofes könne aber nur ein mit konkreten Zahlen unterlegtes Bedarfsprogramm die Grundlage für eine Investitionsplanung und die Sicherstellung langfristiger Finanzierungen sein. Man empfehle deshalb dem Verteidigungsministerium eine Bedarfsprogrammbearbeitung mit konkreten Berechnungen.

Monitoringprozess fehlte

Zudem wäre ein Monitoringprozess beim Realisierungsprogramm einzurichten, meint der RH. Denn das Verteidigungsministerium habe kein Monitoring und keine systematische Überprüfung geplanter Beschaffungen vorgesehen. Mit dem angewandten Controlling konnte laut RH zwar die Budgeteinhaltung überwacht werden, allerdings habe es keine Rückschlüsse zugelassen, welche geplanten Investitionen in der Vergangenheit tatsächlich umgesetzt wurden. "Eine Steuerung dahingehend, in welchen Bereichen besonderer Handlungsbedarf bestand, war daher nicht möglich", hielten die Prüfer kritisch fest.

Das Bundesheerbudget sorgt seit Jahren für politische Diskussionen. Ab 2016 bekam das Verteidigungsministerium finanzielle Sonderpakete, die für Personal und Betrieb, aber auch für Investitionen genutzt werden sollten.

Österreichs Sicherheitsstrategie sollte evaluiert werden

In den Jahren 2016 bis 2021 summierten sich laut RH fünf Sonderpakete auf insgesamt 3,6 Milliarden Euro (mit einem Umsetzungszeithorizont bis 2028). "Diese Sonderpakete hätten ein Controlling und Monitoring hinsichtlich des Mitteleinsatzes erfordert, um einen widmungsgemäßen Verbrauch der Budgets belegen zu können", meint der RH. "Das Ministerium konnte jedoch für die Jahre 2016 bis 2020 nicht transparent und nachvollziehbar darlegen, welche Beschaffungsvorhaben es aus den jeweiligen Sonderpaketen umsetzte." Aufgrund langjähriger Unterdotierung des Budgets konnte der aus Sicht des Ministeriums bestehende Investitionsrückstau nur punktuell abgebaut werden, so der RH.

Generell sieht der RH Evaluierungsbedarf bei der österreichischen Sicherheitsstrategie, konkret jenen Teilen, die die militärische Landesverteidigung betreffen. Angesichts "der aktuellen sicherheitspolitischen Lage" sollten mit dem Bundeskanzleramt notwendige Anpassungen thematisiert werden, empfiehlt der Rechnungshof.

Opposition und Grüne sehen sich bestätigt

Durch den Rechnungshof bestätigt sieht sich SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. "Der Rechnungshof empfiehlt ganz klar ein besseres Controlling zum Abbau des Investitionsrückstaus und die Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie." Selbiges fordere er seit Wochen, so Laimer, der auf "schnellstmögliche Beratungen" für eine neue Sicherheitsstrategie drängte.

Die Grünen hoben ebenfalls hervor, dass der Bericht eine Bestätigung darstelle – nämlich der Reformvorhaben der Regierung. Rechnungshof- und Landesverteidigungssprecher David Stögmüller konstatierte, dass der RH klare Mängel in Sachen Planung und Monitoring identifiziert habe, auf die die Grünen schon seit Jahren aufmerksam machen würden.

"Umso erfreulicher ist es, dass wir mit dem geplanten Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz den Großteil der Empfehlungen des Rechnungshofberichts schon vorab verwirklichen werden," hob Stögmüller hervor: "Wir haben uns vor allem für eine strenge Kontrolle bei Anschaffungen eingesetzt." Auch die Empfehlung, die österreichische Sicherheitsstrategie zu überprüfen, sei positiv. Es brauche dazu auch angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eine breite, parlamentarische Diskussion.

FPÖ will Verfassungsbestimmung

Nach Ansicht der FPÖ zeigt die Kritik des Rechnungshofes klar die "katastrophale Mangelwirtschaft" beim Bundesheer. "Wie wir schon seit langem einfordern, braucht unser Bundesheer eine langfristige finanzielle Planungssicherheit – und dies nicht nur, aber speziell für den Bereich der dringend notwendigen Nachbeschaffungen", betonte FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger. "Meine Sorge ist aber, dass der angekündigte Budgetpfad – auch wenn er in ein Gesetz gegossen wird – die nächste Nationalratswahl nicht überleben wird." Die Höhe des Budgets solle darum mit einer entsprechenden Verfassungsbestimmung abgesichert werden, um Planungssicherheit zu gewährleisten, empfahl der FP-Politiker.

Neos-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos erinnerte per Aussendung, dass seine Partei seit Beginn der Debatte um eine Aufstockung des Bundesheer-Budgets im Frühjahr dieses Jahres gefordert habe, dass man zuerst über Konzepte, und erst danach über das Geld dafür reden müsse. Es sei auch nicht nachvollziehbar, ob und inwiefern die vom Rechnungshof thematisierten Probleme bereits aufgearbeitet werden. (APA, 4.11.2022)