"Kleine"-Chefredakteur Hubert Patterer, hier 2019 bei einer Diskussion von Chefredakteuren, kommentiert aus Graz die Chatprotokolle seines Wiener Konzernkollegen Rainer Nowak.

Foto: derPlankenauer

Graz/Wien – Hubert Patterer, Chefredakteur der "Kleinen Zeitung", widmet sich im Leitartikel am Sonntag den Chatprotokollen seines befreundeten Styria-Konzernkollegen Rainer Nowak mit Thomas Schmid. Patterer schreibt in dem Kommentar vor der Betriebsversammlung bei der "Presse" am Montag um 13 Uhr: "Er hat die Feuerwand nach innen nie preisgegeben, aber so wie ich ihn kenne, wird er sich der Verantwortung stellen."

DER STANDARD bat Sonntagfrüh dazu Patterer, Nowak und Styria-Vorstandschef Markus Mair um Stellungnahmen, wie Patterers Leitartikel zu interpretieren ist. Ob Patterers Kommentar in der "Kleinen" also auf einen Rückzug Nowaks hindeutet. Stellungnahmen stehen noch aus und werden bei Vorliegen ergänzt.

"Triumphalismus der Kollegenschaft zur Linken"

Gleich nach dem Satz darüber, dass sich Nowak "der Verantwortung stellen" werde, schreibt Patterer, den "Triumphalismus der Kollegenschaft zur Linken, ihre moralische Aufwallung," werde Nowak "verschmerzen, nicht sofort, aber mit der Zeit".

Nowak hat sich nach Veröffentlichung der Chatprotokolle im STANDARD bei den Leserinnen und Lesern sowie bei der Redaktion entschuldigt für "unangemessene Nähe" (er tat das bereits, als erste Chats öffentlich wurden). In der Einladung zur Redaktionsversammlung am Montag ist die Rede von einer "roten Linie", die nicht erst das Strafrecht markiere – eine anonyme Anzeige in die Richtung dürfte von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nach eingehender Prüfung zurückgelegt werden, wie Nowaks Anwalt erklärte.

Die Chatprotokolle Nowaks mit dem damaligen Generalsekretärs im Finanzministeriums und späteren Öbag-Chefs Thomas Schmid dokumentieren Job-Hoffnungen auf die ORF-Führung und Unterstützung dabei, über Erwartungen in die Berichterstattung und – so lesen sich manche Chats – Einflussnahme auf diese und einen sehr amikalen Umgang miteinander.

"Nicht blenden lassen durch Eitelkeiten"

Patterer stellt die Chats in ein größeres Bild der Branche – Vertrauensverlust, News-Vermeidung, wirtschaftliche Krise etwa – und ihres Umgangs mit der Politik. Er unterscheidet Verhaberung als "echte falsche Nähe" und die Nähe zwischen Politikern und Journalisten – "sie will nichts vom anderen, sie zielt nur auf den blanken Nutzen", also Informationen für die journalistische Arbeit.

Sie bleibe im Rahmen des Zulässigen, "wenn man sich des Rollenspiels bewusst ist, wenn man sich nicht blenden lässt durch Eitelkeiten oder den Anschein eigener Bedeutung." Und vor allem: "Wenn man beim schwierigen Ausbalancieren von Nähe und Distanz einzig und allein Treuhänder seiner Leserinnen und Leser bleibt". Sie dürften die "alleinigen Nutznießer sein."

"Überwindung schlechter Gewohnheiten"

Den Leserinnen und Lesern gegenüber müssten Medien "offen und selbstkritisch Rechenschaft ablegen", ein Transparenzgesetz brauchten nicht nur die Ämter. Patterer: "Dazu gehöre die Revision eigener Standards, die Überwindung schlechter Gewohnheiten. Anders wird sich der Graben nicht schließen lassen." Und mit Bezug auf Nowak schließt Patterer: "Der Läuterungs- und Befreiungsakt eines Einzelnen, eines guten, befreundeten Kollegen wird dafür nicht reichen." (fid, 6.11.2022)