Cornelius Kolig verstand sein 1979 selbst angelegtes "Paradies" in seinem Geburtsort Vorderberg als prozesshaftes und nicht abgeschlossenes Gesamtkunstwerk.

Foto: Wolfgang Paterno

Wien – Bis zuletzt hatte der Kärntner Künstler Cornelius Kolig in seinem selbst ernannten "Paradies" im Gailtaler Vorderberg, wo er 1942 geboren wurde, gewirkt. Kolig verstand sein 1979 selbst angelegtes Projekt als prozesshaftes und nicht abgeschlossenes Gesamtkunstwerk. Die architektonisch eigenwillige Abfolge von Hallen, Türmen und Höfen galt ihm als Lebens- und Ausstellungsort sowie als persönliches Archiv. 2003 wurde der 6000 Quadratmeter große Komplex mit Gartenanlage beinahe durch ein Unwetter zerstört.

Einzelnen Gebäudeteilen gab er Namen wie Saustall, Rauschgarten, Pantheon, Sixtina, rechte oder linke Niere. In diesem Organismus wird der Künstler seine letzte Ruhestätte finden und im Kreis seiner Familie beigesetzt, wie seine Ehefrau Doris Kolig bekannt gab. In der Nacht auf Montag ist Cornelius Kolig im Alter von 80 Jahren an einem Herzversagen verstorben.

Unbeirrbarer Tabubrecher

Eigenwillig war der Maler, Bildhauer, Objekt- und Installationskünstler von Anfang an. Seine Karriere begann Kolig zwar klassisch malerisch, studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Joseph Dobrowsky, Herbert Boeckl und Max Weiler. Bald aber wurde er zum Materialforscher wie die Werkgruppe von bunten Plexiglasblasen aus den 60er-Jahren beweist, die an organische Formen erinnern.

Gesellschaftliche Tabus kümmerten ihn wenig, gerne reizte er mit seinen Werken ihre Grenzen aus. Nach frühen Experimenten mit Röntgenbildern und Kunststoffen setzte er sich mit Themen wie Tod, Sexualität und menschlichen Ausscheidungen auseinander. Brüste, Penisse, Vulven, Kopulationsvorrichtungen, Liebesmaschinen,_Kotabgüsse und Urinbilder als Motive brachten ihm den abwertenden Namen "Fäkalkünstler" ein.

Kritikern entgegnete der Kärntner stets ruhig und zum Beispiel so:_"Alle Menschen haben mit diesen Dingen zu tun. Aber in dem Moment, wo es öffentlich wird, erhält es Sprengkraft". Trotz manchem Unverständnis setzte der vielseitige Künstler seinen Weg unbeirrt fort.

Zwist mit Politik

Der als sanftmütig geltende Mensch stand immer wieder im Zentrum vehementer, öffentlicher Debatten. Die bekannteste und heftigste Auseinandersetzung mit der Politik hatte der Künstler ab dem Jahr 1998. Da gestaltete er im Auftrag des Land Kärnten den Kolig-Saal im Kärntner Landhaus neu, der nach seinem Großvater, dem spätexpressionistischen Maler Anton Kolig, benannt war. Dessen Fresken waren dort von den Nazis nach ihrer Machtübernahme zerstört worden.

Nach Fotovorlagen der Originale schuf sein Enkel eigene Bilder und ergänzte sie somit als Installation. Der Boulevard respektive die Kronen Zeitung und Jörg Haiders FPÖ liefen Sturm dagegen und mutmaßten sogar, Kolig wolle den Saal mit Kot ausmalen. Der damalige Landeshauptmann Christof Zernatto (ÖVP) hielt allerdings am Projekt und dem eingeladenen Künstler fest.

Als dem Kolig 2006 der Große Kulturpreis des Landes Kärnten von Haider selbst überreicht werden sollte, nahm Kolig diesen mit einem Greifzangenapparat entgegen, um den rechtspopulistischen Politiker nicht berühren zu müssen. Humor lag Koligs Schaffen stets zugrunde.

Widmungen und Respekt

Ausstellungen wurden dem Künstler unter anderem 2009 im Essl-Museum in Klosterneuburg und 2016 im 21er-Haus (heute Belvedere 21) in Wien gewidmet. 1975 vertrat er mit Künstlerkollegen Hans Staudacher und Gotthard Muhr Österreich bei der XIII. Biennale von São Paulo. Und zuletzt war Kolig mit seinen Skulpturen in umfassenden Gruppenausstellungen österreichischer Kunst in der Albertina sowie im Museum Liaunig vertreten.

Nach Bekanntwerden der Todesnachricht am Montagnachmittag sprach Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) in einer Aussendung dem Gesamtkünstler ihren Respekt aus: "Cornelius Koligs Stellung in der österreichischen Kunstgeschichte ist solitär. (...) Er hat sich gegen Unverständnis und Widerstand behauptet und seine tiefe Verbundenheit mit seinem Heimatland stets bekräftigt. (...) Sein Tod reißt eine Lücke in die Welt der Kunst." (Katharina Rustler 7.11.2022)