In Hintersee gab es kein Lebensmittelgeschäft mehr. Eingekauft wird nun in einem Selbstbedienungsladen in einer Tiny Box in Holzbauweise.

Foto: Fritz Neumüller

Das Dorfhäusl in Hintersee bietet rund 200 regionale Produkte an. Die Kunden kaufen ein und bezahlen an einem Terminal.

Foto: Fritz Neumüller

Der Dorfladen gilt in vielen Orten als deren Herz. Er ist wichtig für die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes und die Lebensqualität der Menschen in den Dörfern. Doch vor allem kleine Gemeinden tun sich schwer, jemanden für den Betrieb von Lebensmittelmärkten zu finden. Für Supermarktriesen sind diese Standorte meist zu wenig ertragreich.

Die Wirtschaftskammer (WKO) warnt vor einer Schließungswelle bei den selbstständigen Lebensmittelhändlern. Die hohen Strompreise, welche die Kühlung teurer machen, würden österreichweit selbstständige Kaufleute in ihrer Existenz gefährden. Ende 2023 könnten weitere 400 Gemeinden ohne Nahversorger dastehen. Derzeit gebe es laut WKO in 600 Gemeinden kein Lebensmittelgeschäft mehr. Einige Salzburger Gemeinden setzten auf neue Modelle, um den letzten Kramerladen im Ort zu halten.

Mitgliedersuche im Ort

In St. Margarethen im Lungau drohte das letzte Lebensmittelgeschäft zu verschwinden, nachdem die bisherige Betreiberin Ende September zusperrte. Eine Nachfolgerin war schwer zu finden. Doch die Gemeinde wollte sich damit nicht abfinden und hat im Oktober eine Genossenschaft gegründet. "Wir sind von Haus zu Haus gegangen und haben gefragt, ob sie mittun wollen", erklärt der Bürgermeister, Johann Lüftenegger. Von den insgesamt 720 Einwohnerinnen und Einwohnern seiner Gemeinde seien nun 200 Mitglieder. Sie zahlen jährlich 50 Euro, die sie in Form von Gutscheinen zurückbekommen, und einen Genossenschaftsbeitrag von 20 Euro. Die Gemeinde übernimmt die Miete für das Geschäftslokal und schießt zusätzlich 7500 Euro pro Jahr zu.

Der Betrieb sei gut angelaufen, sagt Lüftenegger. Die Schüler würden brav einkaufen, und auch zwei Stammtische hätten sich bereits auf den drei Tischen hinter dem Eingangsbereich gebildet. "Die älteren Semester treffen sich einmal die Woche zum geselligen Beisammensein mit Kaffee, Wein oder einem Schnapserl."

Auch in Dienten am Hochkönig hat die bisherige Betreiberin ihren Laden aufgegeben – auch dort will sich die Gemeinde nicht von der letzten Einkaufsmöglichkeit für Einheimische und die Touristen, die vor allem im Winter hier ihren Skiurlaub verbringen, trennen. "Alles andere ist schon verschwunden", sagt Bürgermeister Klaus Portenkirchner (SPÖ). Nur eine Bäckerei habe in der Hauptsaison noch geöffnet. Die kleine Gemeinde mitten im Gebirge sei eben ein klassischer Tourismusort. "Am Ende der Saison kippt es, alles sperrt zu, und es ist nichts los." Die Einheimischen brauchen jedoch im Ort trotzdem eine Möglichkeit einzukaufen, deshalb habe die Gemeinde den Laden gekauft und suche nun einen Betreiber.

Selbstbedienungshäusl

In der Fuschlsee-Region hat sich mit dem Dorfhäusl ein Selbstbedienungsladen mit regionalen Produkten durchgesetzt. In Fuschl und im Plainfeld wurden die ersten beiden Dorfhäusln aufgestellt, seit Oktober gibt es auch in der Gemeinde Hintersee eine Tiny Box in Holz-Bauweise, in der rund 200 Produkte aus der Region angeboten werden. Die Tür des Dorfhäusls ist verschlossen. Wer einkaufen möchte, scannt mit dem Smartphone einen QR-Code an der Tür, mit dem die Box geöffnet werden kann. Nach dem Einkauf wird an einem Terminal mit Karte oder Bargeld bezahlt.

Die Gründer aus Faistenau, Klaus Bernkopf und Wolfgang Kinz, setzen auf das Vertrauen der Käuferinnen und Käufer – mit Erfolg. "Die Leute sind sehr ehrlich", sagt Klaus Bernkopf. "Als das System einmal nicht funktioniert hat, haben Kunden Zettel geschrieben und die fünf Euro für die Eier in den Postkasten geworfen." Aber natürlich gebe es auch schwarze Schafe.

In Muhr im Lungau hat sich die Gemeinde bereits im Mai 2020 darum bemüht, den letzten Nahversorger in dem 476-Einwohner-Ort zu halten. Dazu hat die Gemeinde die Murtalladen GmbH gegründet, die zu hundert Prozent im Besitz der Gemeinde ist. "Keine Firma hat sich bereiterklärt, das zu machen", sagt Bürgermeister Hans-Jürgen Schiefer. Daher habe man dieses Modell gewählt.

Der Murtalladen hat drei Angestellte. Das Geschäft werde gut angenommen und sei zu einem Gemeindetreffpunkt geworden, in dem auch getratscht und nicht nur eingekauft werde, sagt Schiefer. Die Gemeinde schreibe mit dem Laden kein Plus und sei froh, wenn sie pari aussteige. "Wir sehen das als Service für die Gemeindebewohner", betont Schiefer. Sonst müsse man 13 Kilometer weit fahren, wenn man Milch oder Brot brauche. (Stefanie Ruep, 8.11.2022)