Die SPÖ Burgenland sieht das Land finanziell stabil aufgestellt.

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Eisenstadt – Der Burgenländische Landesrechnungshof (BLRH) bemängelt in seinem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zu den Finanzschulden des Landes und der 60 Landesbeteiligungen, dass eine Finanzierungsstrategie fehle. Trotz hoher Bankguthaben würden neue Schulden aufgenommen. Bei rund 45 Prozent sei die Rückzahlung erst am Ende der Laufzeit fällig, was diese teilweise auf künftige Generationen verschiebe, kritisierte der BLRH.

Der Finanzschuldenstand wurde mit Stichtag 31. Dezember 2021 geprüft. Damals betrugen die Schulden laut BLRH rund 1,8 Milliarden Euro. Ein Drittel davon entfiel auf das Land, zwei Drittel waren in die Landesholding und ihre Konzernunternehmen ausgelagert. Für diese rund 1,15 Milliarden Euro gab es keine Information des Landtags, die Besicherung erfolgte aber zu fast 85 Prozent durch Haftungsübernahmen des Landes, hielt der Rechnungshof fest.

Generationengerechte Finanzierung gefordert

Dass rund 45 Prozent der Schulden erst mit Ende der Laufzeit zurückgezahlt werden sollen, sieht der BLRH kritisch. 26 Prozent (471 Millionen Euro) seien erst ab 2032 fällig. Ein Darlehen über 42,5 Millionen müsse überhaupt erst 2062 zurückgezahlt werden. Im Sinne einer generationengerechten Finanzierung empfiehlt der Rechnungshof in seinem Bericht, die Laufzeiten und Rückführungsmodalitäten künftig an eine realistische Nutzungsdauer und ebensolche Rückführungszeiträume anzupassen. Tilgungen und Zinsen sollten jährlich bedient werden, damit der Ressourcenverbrauch auch von jenen, die ihn konsumieren, mitfinanziert und die Rückzahlung nicht auf künftige Generationen verschoben werde, meinte der Rechnungshof.

Die – aus Sicht des BLRH fehlende – Finanzierungsstrategie hinterfragten die Prüfer vor allem, weil trotz 452 Millionen Euro an Guthaben auf der Bank weitere Schulden aufgenommen wurden. Eine entsprechende Strategie wurde dem Rechnungshof aber nicht vorgelegt. Er empfiehlt deshalb, die Finanzschulden jährlich zu evaluieren, den Landtag über ihre Zusammensetzung in Kenntnis zu setzen sowie mit Blick auf Liquiditätsreserven und in Übereinstimmung mit den Restlaufzeiten eine Finanzierungsstrategie zu erstellen.

Verluste bei Zinstauschgeschäften

Einen großen finanziellen Nachteil ortet der BLRH bei sechs Zinstauschgeschäften (Swaps), denen kein Grundgeschäft wie ein Kredit oder eine Anleihe zugrunde liegt. Bis zum Stichtag verlor das Land dadurch rund 99 Millionen Euro. Bis Ende der Laufzeit 2033 könnte die Summe auf bis zu 194 Millionen ansteigen.

Die SPÖ Burgenland sieht die "stabile Finanzlage" des Landes trotz Krise durch den Bericht bestätigt. Einiges sei aber mittlerweile "längst überholt, da sich die Zinslage in den letzten Monaten dramatisch geändert hat", meinte Rechnungshofsprecher Christian Dax in einer Aussendung. Das betreffe etwa die Prognose bezüglich der Swaps, deren Rechtsgültigkeit das Land ohnehin allgemein bestreite, die also ein Fall für die Gerichte seien. Bei seiner Kritik an der Aufnahme von Krediten trotz hoher Geldbestände lasse der BLHR außen vor, dass "Kredite während der ersten Monate der Pandemie die einzige Form einer garantierten Finanzierung dargestellt haben", betonte Dax. Die relativ hohe Ausschüttung der Ertragsanteile sei damals noch nicht absehbar gewesen.

Anders sieht das die Opposition. Der Schuldenstand sei "erschütternd", betonte Thomas Steiner (ÖVP), Obmann des Landes-Rechnungshofausschusses, in einer Aussendung. "Das Burgenland hat eine Pro-Kopf-Verschuldung von 6.000 Euro. Damit hat es eine höhere Verschuldung als die Stadt Graz, die laut aktuellen Meldungen bankrottgefährdet ist", meinte Steiner. Auch FPÖ-Landesparteiobmann Alexander Petschnig sprach von einem "niederschmetternden Bericht", der die "total zerrütteten Finanzen des Burgenlandes" zeige. "Die Doskozil-SPÖ hat das Burgenland zum insolvenzverdächtigen Fall verkommen lassen", so Petschnig. (APA, 9.11.2022)