Beim Zähneputzen kann man viel falsch machen – auch wenn man es eigentlich richtig gelernt hat. Aber nur, wer richtig putzt, wird die eigenen Zähne auch möglichst lange behalten – und damit viel für die eigene Gesamtgesundheit tun.

Foto: Getty Images/iStockphoto

Als Kind schrubbte man einfach wild hin und her. Später hieß es, man solle in kreisenden Bewegungen putzen. Heute lautet der Goldstandard von rot nach weiß, also vom Zahnfleischansatz den Zahn entlang nach unten bzw. oben bürsten. Doch nicht nur das Wissen um die Putztechnik hat sich verändert, auch die Relevanz von Zahnseide oder Interdentalbürstchen wird heute viel stärker betont. Und zu Mundspülungen gibt es im Grunde gar keine ganz einheitliche Meinung.

Es herrscht also viel Unklarheit beim Zähneputzen. Dabei ist genau das so wichtig, um im Idealfall ein Leben lang die eigenen, gesunden Zähne zu behalten. Denn die Zähne sind nicht einfach nur Kauwerkzeuge zum Zerkleinern der Nahrung. Sie haben auch einen wichtigen Einfluss auf die Gesamtgesundheit. Dazu kommt: Die richtige Mundhygiene verhindert nicht nur Karies, sie beugt auch Parodontose vor – ab etwa dem 40. Lebensjahr der häufigste Grund, warum ein Mensch einen Zahn verliert. Man sollte seine Putztechnik also einmal genau unter die Lupe nehmen. Wir haben einen Guide erstellt, wie man es richtig macht.

Mehr als nur Karies

Aber bevor es ums perfekte Putzen geht, sollte klar sein, dass dabei mehr passiert, als nur Karies zu verhindern – die Zahngesundheit ist ein gesamtgesundheitliches Thema. Denn erst durch das Zerkleinern der Nahrung beim Kauen werden die Nährstoffe im Essen so aufgespaltet, dass sie bei der Verdauung auch optimal verwertet werden können. Schmerzen die Zähne, wird nicht so gut gekaut, das kann von Verdauungsproblemen bis hin zu Nährstoffmangel zahlreiche Folgen haben.

Ein weiteres Problem ist Parodontitis. Bei dieser bakteriellen Entzündung des Zahnfleisches wird der zahntragende Teil des Kieferknochens angegriffen. Unbehandelt kann es in Folge zu Zahnverlust kommen. Aber die Erkrankung hat noch viel weitreichendere Auswirkungen. Denn über die Blutbahn können sich Entzündungsstoffe im ganzen Körper verbreiten und festsetzen, so können Herz-, Hirn-, Gelenk- und Stoffwechselerkrankungen entstehen. Parodontitis ist bei Schwangeren auch ein Risikofaktor für eine Frühgeburt.

Wie beugt man dem vor? Durch richtiges Putzen. "Wichtig ist, dass alle Zahnflächen und auch das Zahnfleisch geputzt werden", betont Sebastian Pohl, Zahnarzt und Kieferchirurg an der Akademie für orale Implantologie in Wien. Dafür gibt es die Formel KAI: Kauflächen, Außenseiten, Innenseiten, jedes Kind lernt die heutzutage beim Zahnarztbesuch. Dabei ist es nicht egal, wie man die Außen- und Innenflächen pflegt, es gibt eine aktuell als ideal angesehene Technik: Man setzt mit der Bürste circa im 45°-Winkel am Zahnfleischansatz an und bewegt sie mit ganz leicht rüttelnden Bewegungen hin und her. Das hat den Effekt, dass eventuell dort sitzende Bakterien gelöst werden. Dann putzt man den Zahn vom Zahnfleisch nach unten bzw. oben ab, dabei immer von rot nach weiß arbeitend.

Individuelle Technik

Nach diesen Angaben ist aber schon Schluss mit den allgemeingültigen Regeln, man darf durchaus die eigenen Vorlieben berücksichtigen. So gibt es von Pohl etwa keine Empfehlung, ob eine elektronische oder eine Handzahnbürste besser ist. Wichtig ist aber, dass sie regelmäßig – zumindest alle drei Monate – gewechselt wird. Denn die Borsten, die aus Kunststoff sind, zerfransen, das kann den Hygieneeffekt reduzieren und auch das Zahnfleisch irritieren. Bei den elektrischen seien Schallzahnbürsten oder rotierende gut geeignet, meint der Experte. Doch wenn man sich wohler fühlt mit einer Handbürste und die Technik stimmt, ist das genau so in Ordnung.

Generell sollte man darauf achten, dass die Bürsten nicht zu hart sind und auch nicht zu groß. Sonst kann man nicht alle Flächen ideal säubern – und das merkt man auch: "Bei der Kontrolle sehe ich oft, dass die Flächen unterschiedlich geputzt sind, im Oberkiefer weiter hinten ist das oft nicht so gut." Wo man besser putzt hänge auch von der dominanten Hand ab, weiß Pohl. Je nach Mund- und Zahnbeschaffenheit sei manchmal auch der Zahnbürstenkopf einfach zu groß für die hinteren Zähne, dann empfehle er, einfach zwei unterschiedliche Bürsten zu verwenden, für weiter hinten etwa eine Kinderzahnbürste.

Beim Putzen sollte man auch nicht zu fest aufdrücken, sonst schrubbt man sich selbst den Zahnschmelz weg oder kann das dünne Zahnfleisch angreifen. Das gilt vor allem für jene, die empfindliche oder freiliegende Zahnhälse haben, da diese nicht nur schmerzempfindlicher sind, sondern auch viel anfälliger für Säure und Karies. Nur spülen reicht übrigens nicht, es muss mechanisch gereinigt werden. Denn die Bakterien, die auf den Zähnen sind, bilden zum Schutz eine Art Film, über den etwa Mundspülungen einfach abrinnen können, ohne ihn anzugreifen und die darunter liegenden Bakterien zu entfernen. Diesen Film kann man nur durch Bürsten zerstören.

Wann man am besten putzt, ist eine weitere oft gestellte Frage. Zweimal täglich, nach der Mahlzeit. Nach dem Essen warten muss man an sich nicht, außer man hat etwas besonders Säurehaltiges konsumiert wie beispielsweise ein Glas Orangensaft: "Das weicht den Zahnschmelz etwas auf, dann sollte man 30 Minuten warten mit dem Putzen. Ansonsten ist das aber nicht nötig", sagt Claudia Kloodt, Spezialistin für Parodontologie und Prophylaxe. Und sie empfiehlt unbedingt eine fluoridierte Zahnpasta, um den Zahnschmelz wieder zu remineralisieren. Menschen mit freiliegenden Zahnhälsen sollten außerdem wöchentlich ein spezielles Zahngel zur Remineralisierung auftragen.

Bürstchen oder Faden?

Oft vergessen, aber enorm wichtig bei der Pflege: die Zahnzwischenräume. Denn dort kommt die Bürste nicht hin, außerdem verfangen sich oft Fasern. Da stellt sich die Frage, ob man zu Zahnseide oder Interdentalbürstchen greifen soll. Es kommt auf die Größe der Zahnzwischenräume an. Bei sehr eng stehenden Zähnen ist Zahnseide die bessere, wenn nicht die einzige Möglichkeit, Beläge zwischen den Zähnen zu entfernen, Interdentalbürstchen würden dort nicht hinkommen. Sind die Abständen weiter, gibt es Lücken im Gebiss, Spangen, Implantate oder Brücken, sind dagegen Interdentalbürsten oft die bessere Lösung. Sie sind meistens dicker als Zahnseide, Backenzähne haben außerdem oft zusätzlich Rillen oder Vertiefungen, wo man mit Zahnseide nur schwer oder gar nicht hinkommt.

Wichtig bei der Anwendung von Zahnseide: Gehen Sie sanft vor. Das Zahnfleisch sollte dabei nicht zu bluten anfangen. Zwar kann es manchmal am Anfang zu leichten Blutungen kommen, das sollte sich aber spätestens nach zwei oder drei Tagen legen. Die Zahnseide mit einer sanften Hin- und Herbewegung in den Zahnzwischenraum einführen, sobald man den Zahnfleischrand erreicht gegen den Zahn drücken, damit das Zahnfleisch in der Mitte nicht verletzt wird. Dann in einer schabenden Bewegung mit Druck gegen die Zahnseite nach unten bzw. oben gehen, damit die Belege vom Zahnfleisch weggehen. Auf der anderen Seite des Zwischenraums wiederholen.

Die Interdentalbürstchen wendet man am besten an, indem man mehrmals zwischen den Zähnen damit sanft hin und her fährt. Es gibt Bürstchen in unterschiedlichen Größen, je nachdem, wie breit die Zahnzwischenräume sind. Idealerweise bespricht man mit dem eigenen Arzt oder der Ärztin, was man am besten verwendet und lässt sich die richtige Anwendung zeigen.

Die Profis ranlassen

Zahnseide und Interdentalbürstchen sind übrigens besonders wichtig bei der Reinigung rund um Implantate, Kronen oder Brücken. Denn nur so kommt man unter die Ränder der Prothesen, wo sich, wird nicht ordentlich gereinigt, Zahntaschen bilden können, wo sich dann Parodontitis-Bakterien tummeln.

Beachtet man all das, dann heißt es ein- oder zweimal pro Jahr – je nach Stärke der Plaque-Ablagerungen – die Profis ranlassen. Denn irgendwann kann man den Zahnstein nicht mehr selbst entfernen, das gelingt einfacher und wesentlich schonender bei der professionellen Mundhygiene mit speziellen Handinstrumenten und Ultraschall. Praktischer Nebeneffekt: Auch Verfärbungen, etwa durch intensiven Kaffee- oder Schwarzteegenuss, werden entfernt. Bei Menschen mit Parodontalerkrankungen sind meist engmaschigere Mundhygienesitzungen und oftmals auch die Behandlung eines auf Parodontolgie spezialisierten Zahnarztes notwendig.

Abschließend stellt sich noch die Frage, ob man eine Mundspülung verwenden sollte. Das ist individuell, sagt Parodontologin Kloodt: "Bei gesunden Zähnen ist das nicht unbedingt nötig, verwendet man trotzdem eine, sollte diese ohne Alkoholgehalt sein. Wenn man damit nämlich zu viel spült, würde man das Milieu im Mund beeinträchtigen." Nur bei Entzündungen kann es nötig sein, dass man kurzfristig mit alkoholhaltiger Lösung spült – das empfiehlt aber ohnehin der Zahnarzt oder die Zahnärztin.

Verliert man trotz der guten Mundhygiene einen Zahn, sollte dieser unbedingt durch ein Implantat oder eine Brücke ersetzt werden. Denn sonst kann es zu Störungen der Kaufunktion kommen mit Auswirkungen auf die Verdauung und das allgemeine Wohlbefinden. Darüber hinaus wird der Kieferknochen abgebaut, die Muskulatur verändert sich. Dann können chronische Schmerzen im Kopf, im Nacken und sogar bis in den Rücken hinunter entstehen. (Pia Kruckenhauser, 15.11.2022)